Marion Hohenecker fällte harte Urteile im Megaprozess.

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Nach 50 Minuten hielt Marion Hohenecker kurz inne und unterbrach erstmals ihren fast zweieinhalbstündigen Monolog für einen Schluck Wasser. Nach beinahe drei langen Jahren und 168 Verhandlungstagen ging es am Freitag zügig. Ohne Pause und mit atemberaubendem Tempo las die Richterin das Urteil im größten Prozess der Zweiten Republik vor und gab – nach besagtem Schluck Wasser – das Strafmaß für Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser bekannt: acht Jahre, nicht rechtskräftig.

Dieser hatte die 39-jährige Hohenecker zu Prozessbeginn als befangen abgelehnt. Ihr Ehemann, selbst Strafrichter, hatte sich vor Beginn der Hauptverhandlung auf Twitter kritisch gegenüber Grasser geäußert. Man könne die Meinung eines Ehemanns nicht einer Richterin umhängen, das entspreche nicht dem Zeitgeist, wies Hohenecker die Befangenheitsanträge gegen sie ab. Auch das Wiener Landesgericht für Strafsachen kam Grassers Ablehnungsanträgen – er versuchte es später erneut – nicht nach.

Fast drei Jahre später sagte der Erstangeklagte dann anerkennend über die Richterin, dass diese sogar das Datum seines Hochzeitstages besser als er wisse, weil sie das von ihm genannte falsche Datum aus dem Stegreif korrigierte.

Detailversessen

Ihren Ruf als detailversessene Juristin, deren Urteile im Instanzenzug standhalten, hat sich Hohenecker nicht erst im Buwog-Prozess erarbeitet. Verspielt hat sie diesen Ruf nicht. Unaufgeregt und souverän wurde ihre Führung des Riesenprozesses oft genannt. Sie ließ die Beschuldigten ausreden, sich aber nicht anmerken, was sie von den Ausführungen der Beschuldigten hielt. Zwischenrufe unterband sie.

Hoheneckers Karriere begann 2010 bei der Staatsanwaltschaft Wien. 2011 wurde sie Richterin im Straflandesgericht, zuständig auch für Wirtschaftscausen. Sie urteilte einen alten Einbrecherkönig ab, nicht ohne sich eine Widmung für das von ihm geschriebene Buch zu holen.

Keine Scheu vor Prominenz

Ihr verdanken ein Tiroler Immobilienunternehmer mit besten Beziehungen und dessen Steuerberater eine Verurteilung wegen versuchter verbotener Intervention. Und ihr verdankt Ex-FPÖ-Politiker Peter Westenthaler einen Schuldspruch im Bundesliga-Verfahren.

Freundlich im Umgang, hart in der Sache ist Hohenecker. Das stellte sie im Gerichtssaal einmal mit den Worten "Schmäh führen tun wir hier nicht" klar. Die Kärntner Herkunft hört man der gebürtigen Wolfsbergerin nach Jahren in Wien noch immer an. (Aloysius Widmann, 4.12.2020)