Der neue Prozessor-Prototyp im Testlauf bei Micro Magic. In diesem Fall die 3-GHz-Version, rechts unten wird die Leistungsaufnahme von 69mW angezeigt.

Foto: Micro Magic

Lange waren die Machtverhältnisse in Hinblick auf Prozessoren klar aufgeteilt: Während bei Desktop- und Server-Systemen Intels x86-Architektur praktisch im Alleingang den Markt dominierte, war die Smartphone-Welt vollständig von ARM-basierten Chips eingenommen. In den vergangenen Wochen ist aber frische Dynamik in dieses Verhältnis gekommen, hat doch mit Apple einer der größten Hardwarehersteller den Wechsel auf eigene, die ARM-Architektur, nutzende Chips angekündigt. Doch es ist wahrlich nicht nur Apple alleine, dass drauf und dran ist, die lange währende Situation aufzumischen.

Testlauf

Der kalifornische Hardwarehesteller Micro Magic sorgt nun mit einem neuen CPU-Prototypen für Aufsehen in der Branche, kann dieser doch mit beeindruckenden Leistungsdaten aufwarten. So erreiche der Chip im CPU-Benchmark von CoreMark einen Wert von 11.000 bei einer Taktfrequenz von 4,25 GHz – während er gerade einmal 200mW verbraucht. Eine 3 GHz-Version der selben CPU soll noch immer 8.000 CoreMarks erreichen, aber dabei gar nur 69mW verbrauchen.

Während die rohe Performance dieses Design noch nicht mit aktuellen Top-Chips mithalten kann – der M1 von Apple erreicht einen Coremark-Wert von 31.150, der Ryzen 4700u von AMD liegt noch etwas darüber, wie Arstechnica vorrechnet – ist die Effizienz geradezu verblüffend. Vergleicht man bei Rechenaufgaben die Iterationen pro Watt kommt die 3 GHz-Version des Chips auf eine fast zehnfach so hohen Wert wie etwa der M1. Auch die mit 4,25 GHz getaktete Ausführung ist noch immer fünfmal so effizient. Auffällig ist zudem, dass man so hohe Taktfrequenzen wie 5 GHz überhaupt erreicht, etwas womit andere Anbieter bisher große Probleme hatten.

Offene Hardware

Nun sind solche Tests mit Prototypen immer mit Vorsicht zu genießen, und doch zeigt es, wie sehr sich RISC-V in den vergangenen Jahren gemausert hat. Und das noch dazu unter sehr interessanten Vorzeichen. Vor zehn Jahren in einem Labor der Universität von Berkeley ersonnen, soll der RISC-V-Befehlssatz bewusst frei und ohne Lizenzgebühren gehalten werden, um auch im Hardwarebereich einen Innovationsschub zu bringen, wie ihn Open Source in der Softwarewelt gebracht hat.

Genau diesen Ansatz hat denn MicroMagic für sich genutzt, um das Design voranzutreiben. Der entscheidende Durchbruch in Hinblick auf die Effizienz soll dabei die Art sein, wie der Speicher und die CPU interagieren. Hier entstünde durch unterschiedliche Taktfrequenzen oft ein Flaschenhals, betont das Unternehmen gegenüber ZDNet. MicroMagic ist dabei übrigens kein Neuling in der Branche, das Unternehmen ist bereits seit Jahrzehnten im Chipdesign tätig, sieht nun aber in RISC-V eine neue Chance Innovation in diesem Bereich voranzutreiben.

Keine überzogenen Erwartungen

Während die von MicroMagic behauptete Leistung – unabhängige Bestätigungen gibt es nicht – durchaus mit so manchen aktuellen Smartphones mithalten können, gilt es die Erwartungen trotzdem zu bremsen. Immerhin besteht so ein im mobilen Bereichen eingesetzter SoC ("System on a Chip") bei weitem nicht nur aus einer CPU, wer RISC-V für ein Smartphone einsetzen will, müsste also auch noch passende Komponenten wie GPU (Grafikeinheit) oder Modem finden. Vor allem aber müsste auch noch Android entsprechend angepasst werden, bisher gibt es nur minimal funktionstüchtige Ports auf die alternative Prozessorarchitektur. Trotzdem zeigt der aktuelle Erfolg, dass auch im Prozessordesign durchaus noch interessante Schritte möglich sind – und dass der offene Ansatz von RISC-V dafür ein Vorteil ist. (Andreas Proschofsky, 6.12.2020)