Wegen der Corona-Situation rechnen Experten mit einer geringen Wahlbeteiligung in Rumänien.

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Bukarest – In Rumänien hat am Sonntag in der Früh die reguläre Parlamentswahl begonnen. Knapp 19 Millionen wahlberechtigte Bürgerinnen und Bürger sind aufgerufen, die 136 Senatoren und 329 Abgeordnete der neuen Legislative in Bukarest zu wählen. Die rund 19.000 Wahllokale im Land öffneten um 7 Uhr Lokalzeit und werden um 21 Uhr schließen.

Die etwa vier Millionen Auslandsrumänen können, wie schon bei der Präsidentenwahl im vergangenen Jahr, an zwei Tagen bzw. bereits seit gestern Samstag abstimmen, damit sollen insbesondere vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie Warteschlangen möglichst vermieden werden. Rumäniens Auswärtiges Amt ließ diesmal insgesamt 748 Wahllokale in Ausland einrichten, darunter 17 in Österreich – nämlich sechs in Wien, jeweils zwei in Salzburg, Linz und Graz sowie jeweils eines in Klagenfurt, Bregenz, Innsbruck, Sankt Pölten und Eisenstadt.

Wird die PSD abgewählt?

Der heutige Urnengang gilt als richtungsweisend für Land und Bürger, die nach jahrelangen massiven Straßenprotesten nun hoffen, das von Gegenreformen und Korruption geprägte Erbe der Postkommunisten (PSD) rückgängig machen zu können. Als Favorit des Wahlrennens gelten die seit einem Jahr minderheitlich regierenden Liberalen (PNL), die laut Wahlumfragen zwischen 28 bis 33 Prozent der Stimmen einfahren dürften. Um den zweiten Platz in der Wählergunst und politischen Arithmetik liefert sich das junge Reformbündnis USR-PLUS ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit der größten Volkspartei des Landes, der postkommunistischen PSD. So liegt das Reformbündnis zurzeit zwischen 20 und 23 Prozent, während die PSD, die die Wahl vor vier Jahren noch haushoch mit 45,5 Prozent gewonnen hatte, je nach Umfrage auf 21 bis 24 Prozent kommt.

Kleinere Parlamentsparteien müssen indes um ihren Einzug in die neue Legislative bangen – darunter die Kleinpartei Pro Romania des früheren Regierungschefs Victor Ponta, die "Volksbewegung" (PMP) von Ex-Staatspräsident Traian Basescu sowie der Ungarnverband (UDMR), die laut Umfragen alle Gefahr laufen, an der in Rumänien geltenden 5-Prozent-Parlamentshürde zu scheitern. Nicht in der neuen Legislative vertreten sein wird zudem die linksliberale ALDE des früheren Senatspräsidenten Calin Popescu Tariceanu, deren Umfragewerte zuletzt bei rund einem Prozent gelegen hatten und die daher eine Fusion mit Pontas Pro Romania einem eigenen Antreten vorzog.

Corona-Auflagen

Wegen der grassierenden Corona-Epidemie steigt die Parlamentswahl unter strengen Schutzvorkehrungen: Für Wähler und Wahllokal-Personal gelten Mundschutz-, Mindestabstand- sowie Desinfizierungspflicht. Zudem ist die Zahl der Wähler, die sich gleichzeitig in einem Wahlraum aufhalten dürfen, auf fünf beschränkt. Wähler, die sich in häuslicher Absonderung oder in Krankenhäusern befinden, können mobile Wahlurnen beantragen. In puncto Quarantäne-Gegenden hatte Regierungschef Ludovic Orban (PNL) in den vergangenen Tagen hervorgehoben, dass alle wahlberechtigten Einwohner von Städten und Ortschaften, die zurzeit wegen hoher Corona-Inzidenzwerte abgeriegelt sind, am heutigen Sonntag ihre Stimme uneingeschränkt abgeben können.

Vor dem Hintergrund einer starken zweiten Corona-Welle im Land rechnen rumänische Soziologen und Politikbeobachter übereinstimmend mit einer relativ niedrigen Wahlbeteiligung von bestenfalls bis zu 40 Prozent. Ähnliches hatten sie allerdings auch vor der Kommunalwahl von Ende September prophezeit, als die Wahlbeteiligung letzten Endes, allen Prognosen zum Trotz, bei 46 Prozent gelegen hatte. (APA, 6.12.2020)