Justizminister William Barr konnte bisher keine Beweise für Wahlbetrug feststellen. Für Trump ist das enttäuschend.

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Washington / New York – US-Justizminister William Barr erwägt laut Medienberichten seinen Rücktritt vor dem Ende der Amtszeit von Donald Trump im Jänner. Barr könnte seinen Rückzug noch vor dem Jahresende ankündigen, berichtete die "New York Times" am Sonntag unter Berufung auf drei namentlich nicht genannte Personen. CNN bestätigte, dass es die Rücktrittsüberlegungen Barrs gebe.

Barr gilt als enger Verbündeter Trumps. Dieser hatte sich vergangene Woche aber öffentlich enttäuscht von seinem Minister gezeigt. Grund dafür waren dessen Aussagen in einem Interview, in dem er sich zu dem von Trump angezweifelten Wahlergebnis geäußert hatte. Barr sagte, er habe bisher keine Beweise für Betrug in einem Ausmaß gesehen, der zu einem anderen Wahlergebnis hätte führen können.

Trump: Justizministerium ist eine "Enttäuschung"

Trump ließ daraufhin offen, ob er an Barr festhalten will, und nannte das Justizministerium eine "Enttäuschung". Auf die Frage einer Reporterin, ob er Barr noch vertraue, sagte Trump: "Fragen Sie mich das in einigen Wochen."

Trump hatte Barr im Dezember 2018 als Justizminister nominiert, nachdem Jeff Sessions auf Bitten Trumps seinen Rücktritt eingereicht hatte. Barr habe noch keine endgültige Entscheidung getroffen, er sei aber keine Person, die Mobbing einstecke und die andere Wange hinhalte, sagte eine nicht namentlich genannte Quelle CNN.

Trump erkennt den Wahlsieg Joe Bidens weiterhin nicht an und stellt sich als Opfer von Wahlbetrug dar. Beweise dafür hat er nicht vorgelegt, setzt aber seine Bemühungen, das Ergebnis juristisch zu kippen, fort.

Biden will Becerra als Gesundheitsminister

Biden hat sich indes einem Medienbericht zufolge für einen Kandidaten für das Amt des Gesundheitsministers entschieden. Er wolle den derzeitigen kalifornischen Generalstaatsanwalt und Justizminister Xavier Becerra nominieren, berichtete die "New York Times" am Sonntag. Becerra war 2017 als erster Latino im Amt des kalifornischen Justizministers vereidigt worden.

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Zuvor war er 24 Jahre lang Abgeordneter im US-Repräsentantenhaus. Der 62-Jährige war auch als Kandidat für das Justizministerium gehandelt worden. Biden hatte versprochen, das vielfältigste Kabinett aller Zeiten zu bilden.

Kämpfer für "Obamacare"

Becerra leitete als Justizminister Kaliforniens die Anstrengungen mehrerer US-Staaten und der Hauptstadt Washington, die Gesundheitsreform von Präsident Barack Obama gegen die Republikaner zu verteidigen, die diese vor Gericht kippen wollten. Mit "Obamacare" bekamen rund 20 Millionen Bürger Zugang zur Krankenversicherung. Ein zentraler Punkt der Reform ist, dass Menschen eine Versicherung nicht mehr aufgrund von Vorerkrankungen verweigert werden kann.

Der Erhalt von "Obamacare" ist ein wichtiges Anliegen Bidens, der unter Obama Vizepräsident war. Er hat im Wahlkampf versprochen, auf der Reform aufbauen und die Gesundheitskosten der Amerikaner senken zu wollen. Wenn Becerra vom Senat als Gesundheitsminister bestätigt wird, nimmt er eine Schlüsselrolle in Bidens Kabinett ein. Biden hat den Kampf gegen die Pandemie zu einer seiner Prioritäten erklärt. (APA, 7.12.2020)