Es gab Zeiten, da war klar: Wer eine Fleecejacke trägt, ist Geografielehrer, Bergfex oder Frischluft-Enthusiast. Für diese flauschigen Oberteile in allen Farben des Regenbogens entschieden sie sich aus praktischen Erwägungen: Wer wird im Lehrerzimmer schon gerne übersehen? Und wer friert schon gern beim Erklimmen eines Berggipfels? Mittlerweile sind solche Diagnosen nicht mehr so leicht zu treffen. Denn das Kleidungsstück hat sich virusgleich verbreitet. Die Fleecejacke hat nicht nur den städtischen Raum erobert, sie ist dort auch so etwas wie ein modisches Aushängeschild geworden. Das lässt sich auch an den Kollektionen von angesagten Labels wie der Berliner Marke GmbH ablesen.

Fleecejacke des Berliner Labels GmbH.

Alle, die das nicht glauben wollen, sollten sich an einem Samstagmittag in Wien-Neubau umschauen. Wer hier die Wohnung verlässt, um sich beim Barista gegenüber einen laktosefreien Caffè Latte in einem kompostierbaren Pappbecher zu besorgen, tut das in einer Fleeceweste von Patagonia oder in einem wetterfesten Parka von The North Face. Spätestens seit sich die amerikanische Marke 2007 zum ersten Mal mit dem einstigen New Yorker Skater-Label Supreme zusammengetan hat, ziehen sie auch Rapper wie Drake oder A$AP Rocky an.

Drake trug bereits 2011 eine Jacke aus der Kooperation von The North Face und Supreme.
DrakeVEVO

Kein Wunder, dass das etwas mit dem Image des Unternehmens gemacht hat. Mittlerweile gehört es bei The North Face zum guten Ton, mit High-Fashion-Brands zusammenzuarbeiten. Zuletzt tat man sich mit Maison Margiela zusammen, im Herbst verkündete ausgerechnet Gucci auf Instagram eine Kooperation mit dem amerikanischen Outdoor-Spezialisten. Irgendwie ist die Strategie durchschaubar: Die Hersteller von Funktionsbekleidung verleihen der Luxusmode einen grünen, zeitgemäßen Touch.

Eben erst führte der spektakuläre Verkauf von Stone Island an den Daunenjacken-Spezialisten Moncler den Wert des amerikanischen Unternehmens vor: Der wurde von den Italienern auf rund 1,15 Milliarden Euro geschätzt.

Margiela tat sich heuer mit dem Outdoor-Label The North Face zusammen.
Foto: Giovanni Giannoni/ MM6 The North Face

Überhaupt dürfte die Pandemie den Blick auf das Wesentliche verstärkt haben. Wer keine Partys feiert, braucht kein Abendkleid, sondern eine wetterfeste Jacke für den Abendspaziergang.

Parka vom schwedischen Label Acne.
Foto: Acne

Oder eben auch Gummistiefel. Und das nicht nur beim Marsch durch die Lobau. Das schottische Unternehmen Hunter Boots stattete Mitarbeiterinnen des Brooklyn Medical Centre mit Stiefeln aus und warb damit in den sozialen Netzwerken.

Stiefel, die sicher durch die Pandemie begleiten – einen vielversprechenderen Werbeslogan gibt es derzeit wohl kaum. (Anne Feldkamp, 10.12.2020)