Nicht einmal ein Drittel der wahlberechtigten Rumäninnen und Rumänen nutzten ihr Stimmrecht.

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Die rumänischen Sozialdemokraten (PSD) haben am Sonntag die Parlamentswahl mit über 30 Prozent der Stimmen gewonnen. An zweiter Stelle folgt die regierende PNL, die auf über 26 Prozent kam. Die bürgerorientierte Union rettet Rumänien (USR) wurde von 16 Prozent der Wähler angekreuzt. Absolut überraschend ist das sehr gute Abschneiden der rechtspopulistischen nationalistischen Allianz für die Einheit der Rumänen (AUR), die vor allem in der Diaspora in Spanien und Italien punktete. Die AUR sieht sich zudem als Vertreterin von allen Rumänischsprachigen (auch Walachen oder Aromunen gennant) auf dem Balkan.

AUR-Chef George Simion sagte nach der Wahl, dass seine Partei keiner Koalition beitreten werde, da "alle Parteien gleich" seien. Die AUR wurde erst 2019 gegründet und zielt auf eine Vereinigung Rumäniens mit der Republik Moldau ab. Den Umfragen vor der Wahl zufolge war ein derart gutes Abschneiden der Nationalisten nicht vorhersehbar. Die Ungarnpartei UDMR kam auf sechs Prozent. Unklar ist noch, ob die christdemokratische PMP den Einzug ins Parlament geschafft hat. Am Sonntagabend schloss der PSD-Vorsitzende Marcel Ciolacu jedenfalls die Bildung einer Koalition mit der konservativen PNL aus. Ciolacu meinte zudem, dass er den Rücktritt von Premier Ludovic Orban (PNL) erwarte. "Die Abstimmung der Rumänen ist sehr klar. Rumänien tritt in eine neue Phase ein", erklärte Ciolacu.

Stärker werdende Polarisierung

Die PSD, eine klientelistisch ausgerichtete Partei, die vor allem bei der Landbevölkerung populär ist, schlägt seit 2016 vermehrt nationalistische Töne an. Sie war bis 2019 an der Macht, als die Regierung von Viorica Dăncilă durch ein Misstrauensvotum gestürzt wurde. Danach folgte die Regierung unter Orban. Die rumänische Gesellschaft und Politik ist stark polarisiert. Die Auseinandersetzung zwischen der PSD und der PNL hat in den letzten Jahren an Schärfe zugenommen, zumal Präsident Klaus Iohannis der PNL nahesteht und diese unterstützt.

Offen ist nun, wem es gelingen könnte, eine Mehrheit im Parlament zu finden. Für die PNL, die gerne mit der USR und der Ungarnpartei koalieren möchte, wird das schwierig. Aber auch die PSD hat keine klaren Koalitionsoptionen. PNL-Chef Orban betonte, dass die PNL niemals mit der PSD über die Bildung einer Regierung diskutieren werde. USR-Vizechef Dan Barna meinte, das Wahlergebnis zeige, dass Reformen ohne seine Partei nicht möglich seien. Deshalb erscheint es zurzeit am wahrscheinlichsten, dass nochmals versucht wird, eine Mitte-rechts-Koalition zu schmieden.

32 Prozent Wahlbeteiligung

Die sieht man auch in der USR als Priorität an, um das Budget rasch zu verabschieden. Das Parlament könnte rund um den 20. Dezember konstituiert werden. Präsident Iohannis hat Montagabend in seiner ersten Stellungnahme nach der Parlamentswahl bekannt gegeben, dass das vorläufige Wahlergebnis zwar "die PSD als Erstplatzierte, aber keine Links-Mehrheit" bestätige. De facto gebe es keinen "eindeutigen Wahlsieger", doch habe "das Mitte-Rechts-Lager mehr als 50 Prozent der abgegebenen Stimmen eingefahren", weswegen sich eine bürgerliche Koalitionsregierung abzeichne. Er werde daher die Fraktionen bereits in den kommenden Tagen zu Sondierungsgesprächen bitten, um anschließend den Regierungsauftrag zu erteilen, so der Präsident. Die Wahlbeteiligung war mit knapp 32 Prozent sogar für rumänische Verhältnisse sehr niedrig. (Adelheid Wölfl, red, 7.12.2020)