Dauergast bei Servus TV: Sucharit Bhakdi.

Foto: Screensot/ServusTV

Während es in den Spitälern kracht und Puls 24 kürzlich dramatische Berichte von Krankenhausmitarbeitern veröffentlichte, macht ein anderer Privatsender munter weiter mit seinen Bühnen für Corona-Verharmloser: Servus TV lieferte am Sonntag mit dem "Wegscheider" und seinem "Corona-Quartett" wieder Futter für die Covidioten, denn: Wer den Infektionsepidemiologen und die Ikone vieler Corona-Leugner, Sucharit Bhakdi, einlädt, weiß, was er für seine TV-Zuseher bekommt: Munition für Verschwörungstheorien.

Das Vorspiel zum "Corona-Quartett" kommt sonntags immer vom Senderchef höchstpersönlich. Ferdinand Wegscheider schlüpft zwar bereits am Samstag im Vorabend in die Rolle des Kasperls, aber wenn man schon praktischerweise als Senderchef das Programm diktiert, dann kann man diese epochalen acht Minuten auch gleich einen Tag später wiederholen.

"Satire"

Und so wettert "Der Wegscheider" in seiner als "satirischer Wochenrückblick" titulierten Sendung seit Monaten gegen die "Regierungsmedien" und den "Staatsfunk", um sich als einsamer Kämpfer gegen die Corona-Maßnahmen zu inszenieren. Wegscheider macht eigentlich Satire von Satire, denn die Pointen sind so treffsicher wie Schalke 04 seit 26 Bundesligaspielen – und die Sendung ist so weit von Humor entfernt wie Dietrich Mateschitz von der Gründung eines Betriebsrats. Wie auch immer, der Senderchef gibt die Richtung vor.

"Corona-Quartett" endet

Am Sonntag fand die vorletzte Ausgabe des "Corona-Quartetts" statt. Für Sucharit Bhakdi war es der letzte Auftritt in der sonntäglichen Diskussionsrunde; und der fiel würdig aus. Sein "Runter mit den Masken"-Mantra konnte er ja bereits in einer der letzten Sendungen unwidersprochen runterbeten, und als ihn Moderator Michael Fleischhacker jetzt nach seinem Geburtstagswunsch fragte, sagte er: "Wir wissen, dass Kinder, die Masken tragen, wo die CO2-Konzentration hochgeht, langsam vergiftet werden." Zum Glück war auch der Internist Richard Greil zu Gast, der Bhakdis Aussagen nicht nur einmal die Giftzähne zog: Man könne dies unmöglich stehen lassen, weil es nicht den Fakten entspreche.

Sowohl WHO als auch Unicef würden Masken für Kinder ab zehn Jahren empfehlen: "Entweder Stoffmasken oder eine chirurgische Mund-Nasen-Schutzmaske. Das sind keine FFP2- oder FFP3-Masken, die tatsächlich eine Belastung sind", so Greil, der für seine stoische Gelassenheit bewundert werden muss, wurde er doch von links und rechts attackiert. Und zwar vom deutschen Rechtspublizisten Roland Tichy und eben Bhakdi.

Unbeirrbar

Moderator Michael Fleischhacker, der sich in dieser Rolle wohl unterfordert fühlt und zeitweise den Mitdiskutanten gab, fragte am Ende der Sendung, ob sich Sucharit Bhakdi womöglich in einigen Punkten geirrt habe, als er im Juni das Buch "Corona: Fehlalarm?" veröffentlicht hatte. Statt des Fragezeichens am Ende des Buchtitels hätte er ein Rufzeichen machen müssen, könnten Bhakdis Gedanken gewesen sein, denn Reflexion klingt anders: "Alles, was wir geschrieben haben, hat sich als richtig herausgestellt, und alles, was die anderen dagegen gesagt haben, als unrichtig."

Ob er nach wie vor – wie im Oktober – sage, dass die Pandemie beendet sei? "Natürlich." Was denn sonst?! Und ob das, was sich in den Krankenhäusern abspiele, ein Fake ist? "Ja, das versuche ich die ganze Zeit zu sagen. Ich sage, es ist ein falsches Label." Warum? Die Definition der Erkrankung sei ein PCR-Test. "Wenn Sie ein Grippevirus haben oder ein anderes Virus, das in die Lunge geht, und Sie machen diesen PCR-Test und er zeigt 0,006 an, weil das andere Virus da ist, dann haben Sie eine Umbenennung."

Man muss nicht Bhakdis krude Thesen verbreiten, kann es aber, weil sie stellvertretend für einen Sender stehen, der ihnen eine Plattform gibt und sich als Speerspitze der Corona-Kritik geriert. Und der nur allzu oft Corona-Verharmlosung mit berechtigter Regierungskritik verwechselt.

Kandidat für das "Goldene Brett vorm Kopf"

Bhakdi ist übrigens heuer für das "Goldene Brett vorm Kopf" nominiert – den Negativpreis für den größten unwissenschaftlichen Unfug des Jahres, der von der Skeptikervereinigung GWUP vergeben wird. Seine Chancen dürften nicht so schlecht sein, auch wenn es mit dem "Querdenker"-Gründer Michael Ballweg und dem Verschwörungs-Influencer Attila Hildmann starke Konkurrenz gibt.

Wir drücken Bhakdi jedenfalls die Daumen. Und Servus TV könnte sich damit rühmen, einem Preisträger dank Dauerpräsenz zum Sieg mitverholfen zu haben. (Oliver Mark, 7.12.2020)