Ab Dezember kann man auch in Österreich Stadia nutzen.

Foto: Google

Man hat sich an das Streamen von Filmen und Serien mittlerweile gewöhnt, das Einlegen oder Kaufen von DVDs und Blu-rays schon fast vergessen. Im Bereich Gaming ist das Thema etwas komplexer.

Größere Datenmengen und die nötige Verarbeitung von sekundengenauen Eingaben sind noch immer Stolpersteine für alle in der Branche tätigen Hersteller. Google hat mit Stadia 2019 seine Umsetzung der Idee Cloud-Gaming der Welt vorgestellt. Fast genau ein Jahr später erscheint der Dienst auch in Österreich.

Googles Idee

Im Gegensatz zu Konsolenherstellern wie Sony oder Microsoft erfordert das Streamen von Spielen via Google Stadia keine eigene Hardware. Auf der Stadia-Website meldet man sich mit einer gültigen Gmail-Adresse an und kann dann eigentlich schon loslegen.

Mit dem Stadia-Service findet ihr euch in einem eigenen Google-Store, bei dem ihr Spiele kaufen könnt, etwa Assassin's Creed Valhalla oder Immortals Fenyx Rising. Alternativ könnt ihr für 9,99 Euro im Monat Stadia Pro erstehen, bei dem eine Handvoll Spiele enthalten sind, etwa PUBG, Dead by Daylight oder das exklusiv für Stadia entwickelte Multiplayer-Spiel Outcasters. Neue Pro-Inhalte sollen monatlich folgen, der Service kann zudem einen Monat lang kostenlos getestet werden, unter anderem mit Spielen wie Destiny 2 oder Bomberman R Online.

Die Verpackung der Stadia Premiere Edition.
Foto: STANDARD / aam

Im Browser am PC könnt ihr dann schon loslegen. Ihr spielt mit Maus und Tastatur oder schließt einen Controller von Xbox oder Playstation an. Um am TV spielen zu können, bedarf es eines Stadia-Controllers und des Chromecast Ultra. Beides wird als "Stadia Premiere Edition" im Handel für 99 Euro verkauft. Der große Vorteil des eigenen Controllers ist, dass sich dieser selbst mit eurem WLAN verbindet und auf Knopfdruck Screenshots macht oder eine Übertragung ins Netz startet. Generell sind die Druckpunkte der Tasten gut gelungen, einen leichten Vibrationseffekt bietet der Controller ebenfalls. Ein solides Stück Hardware, wenn auch qualitativ nicht ganz bei Playstation-5- oder Xbox-Series-X/S-Controller.

Eingerichtet muss der Controller via Stadia-App werden, die es im Google-Store schon zum Download gibt. Leider ist die Auswahl der untersützten Smartphones enden wollend, aber die Liste soll laufend erweitert werden. Im App-Store von Apple wird man noch nicht fündig, jedoch konnte DER STANDARD die Funktionalität in einer Testumgebung bereits ausprobieren. Bis Ende Dezember 2020 wird es hier laut Google eine Lösung geben, das heißt, möglichst viele iPhones und iPads sollen dann in der Kompatibilitätsliste aufscheinen. Dabei sollte, genau wie bei mobilen Android-Devices, darauf geachtet werden, dass das Streamen von Spielen eine große Menge an Daten frisst. Schon bei einer Auflösung von 720 p können hier pro Stunde bis zu fünf Gigabyte verbraucht werden.

Unabhängig von zusätzlicher Hardware. Einfach den eigenen Laptop anwerfen und spielen.
Foto: Google

Viele Hürden

Das Beeindruckendste an Google Stadia ist mit Sicherheit die Tatsache, dass man nach dem Kauf eines Spiels sofort loslegen kann. Kein unendlich langer Download, keine Updates und keine Installation, wie man das als Konsolen- oder PC-Spieler oft kennt. Spiel starten – und wenige Sekunden später ist man auch schon mittendrin. Vor allem auf dem schwachbrüstigen Laptop oder dem eigenen Smartphone zeigt der Service schnell, wie flexibel und spannend dieses Cloud-Gaming sein kann. Gespeicherte Spielstände sind selbstverständlich auf jedem Gerät verfügbar, schließlich wird alles in der Cloud gespeichert.

Im Test merkt man dann die noch zu überwindenden Hürden. Sowohl bei F1 2020 als auch bei Assassin's Creed Valhalla kam es bei der WLAN-Verbindung immer wieder zu einem kurzen Stottern des Bildes. Blöd, wenn man gerade mit dem Ferrari in der Kurve liegt, denn dann ist auch eine kurze Störung schon zu lang.

In der Testumgebung finden sich laut Speedtest von Stadia knapp 70 Mbit/Sekunde als Downloadgeschwindigkeit. Völlig ausreichend für eine Übertragung, selbst in 4K. Ein Faktor, der das präzise Spielen jedoch ebenfalls beeinflusst, ist, dass die Eingaben am Controller in die Cloud geschickt werden müssen, das passende Video- beziehungsweise Audiosignal wird dann auf den Bildschirm zurückübertragen. So kann es aus verschiedenen Gründen zu Verzögerungen (Latenz) kommen, die den Spielfluss stören.

Was die Grafikqualität betrifft, war das Testergebnis stellenweise ernüchternd. 4K und HDR gibt es erst mit einem Pro-Abo und das ausschließlich auf dem TV. Monitor und Smartphones werden maximal mit 1080p unterstützt. Spiele wie Assassin's Creed Valhalla oder auch F1 2020 sehen trotzdem weder scharf noch detailliert aus. Das liegt wohl an der aktivierten Komprimierung, um das Spielgeschehen flüssig zu halten. Die zahlreichen Indie-Games im Store, etwa Into the Breach oder Celeste laufen hingegen ohne Probleme.

Die Controller im Größenvergleich. Xbox Series X (oben), Stadia (Mitte), Playstation 5 (unten).
Foto: STANDARD / aam

Die Spiele, die Features

Nicht unwesentlich für den Erfolg in der Spielebranche ist das Angebot, das man den Nutzern bieten kann. Sony und Nintendo sind für ihre zahlreichen Exklusivtitel bekannt, Microsoft setzt schon seit längerer Zeit auf den Game Pass, bei dem für zwölf Euro eine große Spielebibliothek enthalten ist, die laufend erweitert wird. Bei Google Stadia ist das Angebot aktuell überschaubar. Rund 100 Spiele warten im Store, darunter nur einige ganz aktuelle Titel und ansonsten ein guter Mix aus Indie-Games und bekannten Blockbustern. An starken Exklusivtiteln fehlt es.

Für Multiplayer-Spiele ist Google sehr dahinter, sich für das plattformübergreifende Spielen starkzumachen. Waren zum Beispiel zum Start letztes Jahr die Destiny 2-Multiplayer-Karten noch recht dünn besetzt, hat man hier schon die Möglichkeit, gegen andere Plattformen anzutreten. Da große Hersteller wie Activision Blizzard oder Electronic Arts diesen Service für die Spieler bereits in aktuellen Titeln immer wieder einbauen, stehen die Chancen auf Erfolg zumindest an dieser Front gut.

Ebenfalls vielversprechend sind einige Features, die Google erstmals in diesem Sektor bietet. Mit State Share kann man in bestimmten Spielen einen Link zu seinem eigenen Spiel erstellen und mit diesem Freunde ins eigene Spiel einladen. Was für den Normalverbraucher wohl eher selten Sinn macht, ist speziell für Content-Creators wie Streamer eine einfache Möglichkeit, im Chat die eigene Community in ein laufendes Spiel zu laden. Bei Stream-Connect, aktuell etwa in Ghost Recon Breakpoint verfügbar, könnt ihr euch mit einer Bild-im-Bild-Funktion eine Übersicht eurer Mitspieler anzeigen lassen. So seht ihr nicht nur, was bei euch gerade passiert, sondern auch, was eure Mitstreiter gerade sehen.

Controller und Chromecast Ultra (in das man auch ein Netzwerkkabel stecken kann).
Foto: Google

Fazit

Der Weg in Richtung Cloud-Gaming kündigt sich schon seit über zehn Jahren an. Google hat die Mittel, diesen Weg lange weiterzugehen, während andere sich diese Art des Gamings noch als Option nebenbei warmhalten. Die größte Hürde, weltweit flächendeckendes, verlässliches Internet, wird mit Services wie 5G zu überwinden versucht, aber trotzdem steht man hier noch am Anfang. Wahrscheinlich geht es hier noch um einige wenige Jahre, bis man auch aktuelle Blockbuster-Games ohne Probleme auf das eigene Smartphone streamen und sogar kompetitiv spielen wird können. Noch ist diese Vorstellung allerdings Zukunftsmusik.

Mit Stand Ende 2020 kommt es im Durchschnittshaushalt noch zu unregelmäßigen Aussetzern beziehungsweise Einbrüchen bei den Bildern pro Sekunde. Für Vielspieler, die gerade dank der neuen Konsolengeneration oder einer neuen Grafikkarte von verlässlichen 60 Bildern pro Sekunde und stabilen 4K sprechen, ist das aktuell wohl keine Alternative. Wie attraktiv es sein kann, einfach einen Controller in die Hand zu nehmen und dann umgehend ein neues Spiel zu starten, ohne lästige Installation oder zähe Updates, lässt Google Stadia aber schon sehr gut erahnen. Für Gelegenheitsspieler, die nicht in eigene Hardware investieren wollen, eine möglicherweise reizvollere Angelegenheit, um einmal ein paar Spiele auszuprobieren.

Was es in den nächsten Monaten und Jahren für Google braucht, sind neben besseren Internetverbindungen vor allem gute Deals und ein größeres Angebot an Spielen. Erste Schritte sind gesetzt. Mit einer Vorbestellung von Cyberpunk 2077 auf Stadia bekommt man bis zum 18. Dezember die Premiere Edition geschenkt. Das gute Verhältnis mit Ubisoft könnte man noch mit dem ein oder anderen Exklusiv-Deal intensivieren, eigene Studios sind bereits am Entstehen. So wurden unter anderem bekannte Größen wie Jade Raymond (ehemals Ubisoft, Assassin's Creed) oder Shannon Studstill (ehemals Sony Santa Monica, God of War) in den vergangenen Jahren unter Vertrag genommen. Mit dem nötigen Ehrgeiz und ausreichend Ausdauer ist der Grundstein gelegt, sich einen starken Ruf in der Branche zu erarbeiten und so zu einer möglichen Alternative zu bestehenden Angeboten zu wachsen.

Mit guter Internetverbindung ist eine 4K-Auflösung möglich.
Foto: Ubisoft

Cloud-Gaming

Die Idee hinter Cloud-Gaming ist schnell erklärt. Völlig unabhängig von der verfügbaren Hardware im eigenen Wohnzimmer kann man die aktuellsten Spiele problemlos auch in 4K genießen. Dabei kann als Ausgabegerät der Laptop, das Fernsehgerät oder das eigene Smartphone herhalten. Die Rechenleistung kommt von Servern, die der Cloud-Gaming-Anbieter zur Verfügung stellt. Gespielt kann am einfachsten mit einem handelsüblichen Controller werden, also Xbox- oder Playstation-Controller etwa. Diese werden via Kabel oder Bluetooth mit dem Bildschirm verbunden, und schon kann es losgehen.

Abgesehen von dieser in fast jedem Haushalt verfügbaren Hardware kommt noch eine Komponente hinzu, an der es flächendeckend noch immer mangelt: einer stabilen und schnellen Internetleitung. Ab 50 MBit/Sekunde ist grundsätzlich ein gutes Spielerlebnis schon in 4K möglich, aber es kommt natürlich auch sehr auf das Genre an. Ein ruhiges Abenteuerspiel, bei dem man in erster Linie durch die Landschaft läuft und nur gelegentlich Feinde trifft, hat einen anderen Anspruch als ein präzise zu spielender Shooter oder ein Rennspiel gegen andere Menschen.

Eher die Ausnahme, aber wenn man im Urlaub nicht auf seine Portion Spiel verzichten will, funktioniert Stadia auch am Smartphone.
Foto: Google

Mit Cloud-Gaming ist Google nicht allein am Markt. Auch Sony bietet mit Playstation Now bereits einen ähnlichen Dienst an. Hier gibt es für ebenfalls 9,99 Euro im Monat oder 59,99 Euro im Jahr rund 700 Spiele im Angebot. Gespielt kann auf einer Playstation 4 oder 5 werden, aber auch auf einem Windows-PC. Im Gegensatz zu Stadia kann rund die Hälfte der Spiele alternativ auch heruntergeladen werden. Im Rahmen des Xbox Game Pass darf man seit September 2020 ebenfalls Cloud-Gaming genießen und eine Auswahl der Spiele sowohl auf den PC als auch auf das Smartphone streamen. Dazu gibt es noch einige Dienste ausschließlich für PC, etwa Shadow oder Geforce Now, aber das würde den Rahmen dieses Textes sprengen. Die Konkurrenz war in jedem Fall nicht tatenlos in den letzten Jahren, was das Thema betrifft – und wird es auch weiterhin nicht sein. (Alexander Amon, 7.12.2020)