Rechnung aufgegangen: In Mathematik schneiden Österreichs Schülerinnen und Schüler so gut wie noch nie ab.

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Nach acht Jahren Pause hat Österreich im Vorjahr wieder an der internationalen Bildungsvergleichsstudie TIMSS teilgenommen. Die Abkürzung steht für Trends in International Mathematics and Science Study, zuletzt hatte Heinz Faßmanns (ÖVP) Vorgängerin im Bildungsministerium, die heutige SPÖ-Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek, die Testung mit dem Argument der nicht gewährleisteten Datensicherheit ausgesetzt.

Im Frühjahr 2019 war es dann gemäß Vier-Jahres-Testrhythmus wieder so weit: Rund 7.000 Schülerinnen und Schüler, damals in der vierten Klasse Volksschule, traten zur großen TIMSS-Prüfung an – 5.000 von ihnen am Computer, das war eine Premiere.

Die Ergebnisse, die am Dienstag präsentiert wurden, versuchte Bildungsminister Faßmann am Vortag bei einem Online-Hintergrundgespräch mit Journalistinnen wie folgt einzuordnen: "Heute ist eigentlich ein ganz guter Tag."

Die zentralen Ergebnisse

In Mathematik wurde geglänzt. Mit 539 Punkten erzielten die österreichischen Schülerinnen und Schüler die beste Leistung, seit das Land an TIMSS teilnimmt (seit dem Start 1995 erst zum vierten Mal). Im Ranking mit allen anderen 58 Staaten reicht das für Platz 11. Im EU-Vergleich liegt man damit auf dem sechsten Platz.

Abwärts ging es im Bereich Naturwissenschaften. Mit einem Mittelwert von 522 Punkten liegt Österreich zwar immer noch im europäischen Mittelfeld, im Vergleich zur letzten Teilnahme im Jahr 2011 wurden allerdings um neun Punkte weniger erreicht – macht Platz 12 in der EU.

Details zu den Ergebnissen im Bereich Mathematik...

In Mathematik gab es neben den 31 Punkten, um die sich die durchschnittliche Leistung der österreichischen Schülerinnen und Schüler verbessert hat, zwei weitere erfreuliche Nachrichten: Die Gruppe der mathematisch besonders schwachen Kinder hat sich von fünf auf zwei Prozent verringert. Gleichzeitig erreichten diesmal neun Prozent der Schülerinnen und Schüler die höchste Kompetenzstufe – 2011 waren es nur zwei Prozent.

Ursula Itzlinger-Bruneforth, die Projektleiterin der TIMSS-Testung in Österreich, befand dann auch beim Video-Gespräch: "Es ist sehr gut gelungen, die Kinder am unteren Ende des Leistungsspektrums zu fördern."

Ein Wermutstropfen bleibt: Buben schneiden beim Mathe-Test immer noch besser ab als Mädchen. Von zehn leistungsstarken Schülerinnen und Schülern sind sechs Buben und vier Mädchen. Ähnlich ist es in vielen anderen Ländern: In 17 von 24 teilnehmenden EU-Staaten erzielen die Buben in Mathematik bessere Ergebnisse. Im internationalen Vergleich gibt es überhaupt nur vier Länder, in denen die Mädchen besser abschneiden als die Buben.

Im weltweiten Vergleich erzielt Singapur mit 625 Punkten die besten Mathematik-Leistungen. Die Reihung der teilnehmenden EU-Länder bleibt: Nordirland (566 Punkte) vor England und Irland.

...und Naturwissenschaften

In den Naturwissenschaften gibt es einige wenige, die mit ihren Leistungen in der Spitzengruppe landen (sieben Prozent), ein Viertel der Kinder zählt allerdings zur Gruppe der leistungsschwachen Schülerinnen und Schüler, sechs Prozent gehören überhaupt zu jener Gruppe mit den schwächsten Ergebnissen. Allerdings: alles im EU-Schnitt, falls das tröstet.

Zwei weitere Details fallen auf: Das schlechte Abschneiden bei den Naturwissenschaften ist vor allem auf Punktverluste in den Bereichen Physik und Erdkunde zurückzuführen, die Ergebnisse in Biologie blieben praktisch unverändert. Dafür gibt es hier so gut wie keine Geschlechterunterschiede – Mädchen wie Buben haben gleich schlechte Ergebnisse erzielt. Das ist vor allem damit zu erklären, dass die Leistungen der Buben noch stärker gefallen sind, als die der Mädchen.

Kurzer Blick zu den Besten innerhalb der EU: Das bleiben wie bereits 2015 die Finnen mit 555 Punkten – gefolgt von Lettland, Litauen, Schweden und England. Auch weltweit hat sich an der Spitze nicht geändert: Singapur teilt sich hier mit 595 Punkten die ersten Rangplätze mit der Republik Korea. Dahinter folgt die Russische Föderation (567 Punkte) und Japan (562 Punkte).

Erste Erklärungen

Im Bildungsministerium erklärt man sich Österreichs Punktverlust in den Naturwissenschaften unter anderem mit dem breiten Fragespektrum, das der Erhebung der International Association for the Evaluation of Educational Achievement zugrunde liege. Vor allem in Physik und Erdkunde werde wohl weitaus mehr abgefragt, als im österreichischen Sachunterricht vermittelt wird, heißt es.

Was das gute Abschneiden der Schülerinnen und Schüler im Bereich Mathematik anlangt, da verweist man im Bildungsressort auf die Bildungsstandards. Diese hätten zu einer "klaren Zielorientierung" geführt, wird argumentiert – und das spiegle sich folglich auch in den besseren Testergebnissen bei TIMSS wider.

Weitere Detailergebnisse

Einige weitere Detailergebnisse der Studie: Österreich weise unter den 24 teilnehmenden EU-Ländern den höchsten Anteil an Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund auf – 28 Prozent. In drei Viertel der 19 EU-Staaten, die einen Anteil von mehr als fünf Prozent an Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund haben, zeige sich zudem, dass deren Kompetenzniveau unter jenem von Kindern ohne Migrationshintergrund liegt.

Sieht man sich das für Österreich genauer an, beträgt die absolute Differenz in Mathematik 34 Punkte. In den Naturwissenschaften sind es 66 Punkte. Bildungsminister Faßmann findet das gute Abschneiden in Mathematik demnach "überraschend", weil es in den Jahren zuvor eine deutliche Zunahme an Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund gegeben hat.

Auch die Bildungsabschlüsse der Eltern wurden bei TIMSS wieder abgefragt und da zeigt sich: Die Leistungen in den Naturwissenschaften sind stärker abhängig vom Bildungshintergrund, aber auch vom Berufsstatus der Eltern als jene in Mathematik. In Österreich beträgt die Leistungsdifferenz zwischen Schülern, deren Eltern maximal einen Pflichtschulabschluss aufweisen, und jenen mit Akademiker-Eltern in Mathematik 78 Punkte und in Naturwissenschaft 110 Punkte. Im Bildungsressort erklärt man sich das damit, dass gerade was die Kenntnisse in den Naturwissenschaften anlangt, die Unterstützung aus dem Elternhaus für Kinder im Volksschulalter eine entscheidende Rolle spielt.

Smarte Zehnjährige

Zwei Details noch am Rande: Zwischen jenen Kindern, die den Test am Computer absolviert haben und jenen, die mit Papier und Bleistift gearbeitet haben, gibt es kaum Leistungsunterschiede. Ebenfalls abgefragt wurde, wer bereits ein Smartphone besitzt: ganze 71 Prozent der Zehnjährigen. (Karin Riss, 8.12.2020)