Norbert Hofer glaubt an baldige Neuwahlen in Österreich.

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Wien – FPÖ-Chef Norbert Hofer rechnet mit baldigen Neuwahlen. Er könne sich nicht vorstellen, dass die Regierung aus ÖVP und Grünen "das kommende Jahr übersteht", meinte Hofer am Dienstag und verwies auf die jüngsten "Streitereien und Dispute" innerhalb der türkis-grünen Koalition. Diese erinnerten ihn an die Auseinandersetzungen in der Großen Koalition in den Jahren 2016 und 2017.

Hofer sieht Konflikte

Zum Teil seien in den vergangenen Tagen offene Dispute zwischen Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) zu beobachten gewesen. Auch erinnerte Hofer an die "massive Kritik" des VP-Wirtschaftsbundes an der angekündigten Erhöhung der Normverbrauchsabgabe oder an die Differenzen zwischen den Regierungspartnern bei den Themen Flucht und Migration. Die Flüchtlingsströme werden im kommenden Jahr wieder zunehmen, gibt sich der FPÖ-Chef überzeugt: "Es ist schwer vorstellbar, dass die Grünen notwendige Maßnahmen mittragen."

Das "Beste der beiden Welten" werde zunehmend zum "Krieg der Welten", höhnte Hofer. In "dieser Phase" sei dies jedoch schädlich für das Land. Die Regierung sei mit Kleinigkeiten beschäftigt und würde notwendige Abstimmungen vermissen lassen.

Auf Wahlkampf eingestellt

Ihm sei zugetragen worden, raunt Hofer, dass die ÖVP schon Plakatflächen für das Frühjahr bestellt habe. "Ob das eine Zwischenkampagne ist, oder ob das mehr bedeutet, wissen wir nicht." Aber auch die Freiheitlichen würden aufrüsten und die Weichen so stellen, "dass wir im kommenden Jahr auch im Rahmen einer Kampagne präsent sein können", so der freiheitliche Bundesparteiobmann.

ÖVP dementiert

Die ÖVP hat die in den Raum gestellte Möglichkeit baldiger Neuwahlen auf Bundesebene strikt zurückgewiesen. Dies sei "völlig aus der Luft gegriffen" und "abstrus", sagte ÖVP-Generalsekretär Axel Melchior in einer Aussendung.

Hofer betonte indes sein gutes Verhältnis zu den anderen Parteichefs. Dies sei wichtig für die Zusammenarbeit im Parlament. Bei einem Treffen mit Kurz am Montag habe er diesen nicht nach dem Koalitionsklima befragt. "Das tut man einfach nicht." Bei dem Gespräch sei es um Sachthemen gegangen, etwa die Auswirkungen der Corona-Krise.

FPÖ ortet ÖVP-Vetternwirtschaft

Ein anderes Thema wurde dabei eventuell auch ausgespart: Die FPÖ wirft der ÖVP nämlich "Vetternwirtschaft" rund um den Corona-Familienhärtefonds vor, schreibt der "Kurier". Konkret geht es um einen Projektauftrag aus dem Arbeitsministerium in der Höhe von 108.000 Euro (ohne Steuer knapp unter der Ausschreibungsgrenze) an Grant Thornton Austria. Dieses weltweit agierende Unternehmen hat einen Partner: Georg Jeitler, Ehemann der ÖVP-Nationalrätin Carmen Jeitler-Cincelli.

Für FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz ist die Optik dieses Auftrages "verheerend". Es mache den Anschein eines "türkisen Selbstbedienungsladens". "Würde das ein Freiheitlicher machen, würde die Republik kopfstehen", so der FPÖ-Generalsekretär. Der Politiker bezog sich dabei auf die Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage durch Arbeitsministerin Christine Aschbacher (ÖVP).

Jeitler verteidigt sich

Jeitler verteidigte sich indes, ebenfalls im "Kurier". "Meine Frau hat mit dem von Grant Thornton Austria begleiteten Projekt naturgemäß nichts zu tun und weiß auch kaum etwas darüber", sagte der Unternehmensberater und Gerichtssachverständige gegenüber der Zeitung. Das Unternehmen, das er vertrete, werde auch weiterhin öffentliche Aufträge annehmen: "Soll ich, nur weil meine Frau Politikerin geworden ist, meinen Beruf aufgeben?" Von Freunderlwirtschaft zu sprechen, sei mehr als weit hergeholt. "Ich war in den Auftragsgewinn nicht einmal direkt involviert", so der Berater. (red, APA, 8.12.2020)