Pia Meusburger befasst sich in ihrer Doktorarbeit mit der Koordinierung der Durchsetzung der internationalen Rechnungslegungsvorschriften für Unternehmen in der EU.

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Als im Juni 2020 bekannt wurde, dass der deutsche Zahlungsdienstleister Wirecard bilanzierte Vermögenswerte von über 1,9 Milliarden Euro nicht belegen kann, herrschte großes Erstaunen. Wie ist das möglich bei einem Unternehmen, das im Deutschen Aktienindex (Dax) gelistet ist? Hat da die Aufsicht versagt?

Pia Meusburger wurde hellhörig bei dieser Nachricht, steckte sie doch gerade mitten in ihrer Doktorarbeit am Institut für Rechnungswesen, Steuerlehre und Wirtschaftsprüfung der Universität Innsbruck. Darin geht es um die Koordinierung der Durchsetzung der internationalen Rechnungslegungsvorschriften für Unternehmen in der EU. Für die Arbeit hat sie Interviews mit Prüforganisationen und Unternehmen geführt.

Als die Bilanzfälschung von Wirecard bekannt wurde, durchforstete Meusburger deshalb sofort die Interviews und stellte fest: Die deutsche Prüfstelle hätte den Betrug nicht verhindern können.

Um gezielten Betrug aufzudecken, müsste ausführlicher und schneller geprüft werden. Dafür wäre viel mehr Personal notwendig, was teuer ist. Im Fall von Wirecard hatte die privatrechtliche Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung nur einen einzigen Mitarbeiter seit Februar 2019 mit dem Fall betraut.

Systemfehler

Dass es der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht nicht möglich gewesen war, die Prüfung selbst durchzuführen oder an sich zu ziehen, sei jedoch ein Systemfehler, analysierten Meusburger und ihr Professor Christoph Pelger damals in einem Kommentar für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung".

Um die Bilanzkontrolle zu verbessern, wären mehr Personal und mehr Transparenz nötig, außerdem müssten Berichte auch auf Englisch verfügbar sein.

Für ihre Dissertation zu diesem hochaktuellen Thema hat Meusburger für drei Jahre ein DOC-Stipendium der Österreichischen Akademie der Wissenschaften erhalten. Obwohl ihr die Zeit im Masterstudium und als wissenschaftliche Mitarbeiterin sehr gut gefallen hat, hat sie sich entschlossen, nun einen Job in einer großen Steuerberatungskanzlei in Wien anzunehmen. Während des Masterstudiums war sie bereits in einer Steuerberatungskanzlei tätig und hat die Steuerberatungsprüfung gemacht.

Hauptsache Zahlen

Seit ihrer Jugend verfolgt die aus Dornbirn stammende Meusburger ihre Ziele mit großer Disziplin. Die talentierte Freestyle-Snowboarderin mit internationalen Erfolgen hat das Skigymnasium in Stams und das Sportgymnasium Dornbirn besucht.

Neben Training und Wettkämpfen studierte sie Betriebswirtschaftslehre an der Fernuniversität Hagen. 2013 musste sie nach einer schweren Knieverletzung ihre Snowboardkarriere aufgeben und setzte das Studium an der Uni Innsbruck mit Spezialisierung auf Accounting fort.

Dort haben der gute Unterricht und die hohen Anforderungen ihres Professors Christoph Pelger sie zu Höchstleistungen motiviert. Die Entscheidung, ihre wissenschaftliche Karriere zu beenden, ist ihr entsprechend schwergefallen, sie wollte aber etwas Neues machen. Hauptsache, es hat etwas mit Zahlen zu tun. Nach der Dissertation wird sie auch wieder mehr Zeit fürs Hallenklettern haben. (Sonja Bettel, 13.12.2020)