Am 15. Dezember werden die Massentests abgeschlossen sein.

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Mittlerweile wurden die Regelungen wieder gelockert. Die Infektionszahlen sind jedoch weiterhin hoch.

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Drei Wochen harter Lockdown liegen hinter uns. Was Experten gehofft hatten – dass die täglichen Corona-Neuinfektionen zumindest unter 2000 Fälle sinken –, ist nicht eingetroffen. Stand Dienstagvormittag hatten sich in den 24 Stunden davor 2377 Personen mit dem Virus angesteckt.

Der Wiener Statistiker Erich Neuwirth bilanziert im Gespräch mit dem STANDARD, dass in Österreich jene Senkung, die Israel mit einem harten Lockdown erreicht hatte, nicht eingetreten ist. Dort sanken die Zahlen im Wochenschnitt um 50 Prozent, hierzulande hingegen nur um etwa 30 Prozent. Der Mathematiker Niki Popper sagt, in Österreich habe der harte Lockdown nicht mehr so stark gewirkt wie im Frühling – das bilde sich auch in den Mobilitätszahlen ab.

Seit Montag sind nun trotzdem Lockerungen in Kraft. Der Handel ist wieder geöffnet, ebenso findet der Unterricht der Pflichtschüler und Maturanten wieder an den Schulen statt – mit Maskenpflicht für Schüler ab zehn Jahren.

Strenger in Deutschland

Laut Popper ist die Talsohle bei den Fallzahlen noch nicht erreicht. Damit rechnet er um den 15. Dezember – zum einen, weil der harte Lockdown noch nachwirke, aber auch, weil er sich eine Wirkung aus den Massentests erhofft.

Wie sich die Lockerungen auswirken werden, ist laut Neuwirth mit Blick auf die Zahlen der Vergangenheit nicht so einfach zu sagen. Eine Fortschreibung der Entwicklung des Lockdowns light von Anfang November sei nicht möglich, da der Maßnahmenmix zum Teil ein anderer sei. In Deutschland jedenfalls empfahlen am Dienstag Wissenschafter der Leopoldina, die politische Entscheidungsträger beraten, einen harten Lockdown bis 10. Jänner.

Dabei steht Deutschland im Vergleich zu Österreich viel besser da. Dort gibt es etwas mehr als die Hälfte an Fallzahlen. Selbst wenn die Abnahme an Fällen bei 30 Prozent pro Woche bleiben würde, was angesichts der Lockerungen sehr optimistisch erscheint, würde Österreich erst in zwei Wochen auf das jetzige Niveau Deutschlands sinken, sagt Neuwirth. Viel schlechter steht Österreich auch im Vergleich der Sterbefälle da. Im Wochenschnitt sterben hierzulande mehr als 100 Menschen am Coronavirus, in Deutschland etwa 400; das entspricht auf Österreich umgerechnet 40 Fällen. Noch schlechter bilanzieren hier Slowenien, Kroatien und Bulgarien.

Nur ein Baustein

Ein Lockdown, sei er soft oder hart, stellt jedenfalls immer nur einen Baustein in der Bekämpfung der Pandemie dar. Ein weiteres Element, das nun auch hierzulande erprobt wird, sind die von Popper erwähnten Massentests. Sie sollen vor allem dazu dienen, bisher unentdeckte Corona-Infizierungen zu finden, um die betroffenen Personen anschließend isolieren zu können. In Vorarlberg wurden die Testungen schon abgeschlossen, in Tirol fehlten am Dienstag noch 14 Gemeinden. Hier kam es wegen der Wetterlage zu Verzögerungen.

Die Beteiligung fiel eher mau aus: In beiden Bundesländern folgte ein knappes Drittel aller Testberechtigten dem Ruf zum freiwilligen Abstrich. In Vorarlberg ergab sich eine Positivitätsrate unter allen Tests von 0,38 Prozent, in Tirol verzeichnete man vorläufig einen Positivanteil von 0,28 Prozent.

Viele Durchgänge starten erst

Wien steckt gerade mitten im Testprozess – am 13. Dezember wird in der Bundeshauptstadt der letzte Durchgang stattfinden. Die Auslastung der einzelnen Standorte ist sehr unterschiedlich – während die Stadthalle voll ist, liegt sie in der Marx-Halle bei etwa 40 Prozent und am Standort Messe bei knapp 20 Prozent, teilte das Büro von Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) mit. Bisher nahmen etwa fünf Prozent aller Testberechtigten am Massentest in Wien teil. Um mehr Menschen zur Teilnahme zu bewegen, kann man zum Standort Messe nun auch unangemeldet kommen.

Die vorerst geringe Beteiligung erklärt man sich in Wien damit, dass das bisherige Testangebot schon sehr umfangreich gewesen sei. So habe man seit Freitag – dem Start der Massentests – auch 28.000 PCR-Tests durchgeführt, davon waren etwa 1900 positiv. Im Rahmen der Massentests wurden 87.000 Tests abgenommen, wobei 149 symptomlose Infizierte entdeckt wurden. Alle anderen Bundesländer starten erst mit den allgemeinen Tests.

Spezielle Screenings werden zudem bei einzelnen Berufsgruppen durchgeführt. Am Wochenende fand der erste Testdurchgang im Bildungsbereich statt: In den sechs Bundesländern, von denen die Zahlen herausgerechnet vorlagen, haben sich 72 Prozent testen lassen, davon erhielten 0,24 Prozent ein positives Ergebnis. Bei der Polizei verzeichnete man am ersten von drei Testtagen eine Beteiligung von 20 Prozent. Eine allgemeine Bilanz wird man am 15. Dezember ziehen können, wenn der letzte Testtag über die Bühne gehen wird. "Oberste Priorität" sollen bei Testungen in Zukunft auch Pflegeeinrichtungen erhalten, heißt es aus dem Gesundheitsministerium.

Keine Überraschungen

Daran, ob die bisherige Beteiligung nun als Erfolg oder Misserfolg verbucht werden kann, scheiden sich die Geister. Der Public-Health-Experte Armin Fidler sprach etwa mit Blick auf die Zahlen in Vorarlberg von einer "Meisterleistung". Eine Teilnahmequote von 50 Prozent sei schlicht nicht zu erreichen, solange die Tests freiwillig sind – woran festgehalten werden soll, wie seitens der Regierung immer wieder betont wurde. Große Stücke hält Fidler eher auf Tests, die man einfach zu Hause durchführen könne. Die Technologie hierfür komme in den nächsten Wochen. Eine Idee, die auch SPÖ-Vorsitzende Pamela Rendi-Wagner ins Spiel brachte.

Der Präventionsexperte Hans-Peter Hutter von der Med-Uni Wien zeigt sich jedenfalls "null" überrascht, "dass der Andrang bisher eher überschaubar war. Wenn man 70 Prozent Beteiligung haben möchte, muss man sich im Vorhinein überlegen, wie das zu schaffen ist." Die Bereitschaft, bei so etwas mitzumachen, sei in Österreich "endenwollend".

Diskussion über Anreize

Man werde nicht darum herumkommen, sich Anreize zu überlegen. Man müsse auch vermitteln, wieso diese Tests sinnvoll seien.

Das Prozedere soll jedenfalls noch einmal wiederholt werden. Im Raum steht der Zeitraum von 8. bis 10. Jänner 2021. Kommenden Freitag soll mit den Landeshauptleuten die "weitere Vorgehensweise konkretisiert" werden, heißt es dazu aus dem Gesundheitsministerium. Was etwaige Anreize betrifft, befinde man sich "im Austausch", man wolle insbesondere die Sozialpartner stärker einbinden. Zudem solle die Anmeldung noch niederschwelliger gestaltet werden. (Vanessa Gaigg, Rosa Winkler-Hermaden, 8.12.2020)