US-Präsident Trump behauptet, dass ihm der Wahlsieg durch massiven Betrug genommen worden sei.

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Washington – Das Lager von Donald Trump hat im juristischen Kampf gegen die verlorene US-Präsidentenwahl eine weitere Niederlage einstecken müssen – diesmal vor dem Obersten Gericht des Landes. Der Supreme Court in Washington wies am Dienstagabend einen Antrag auf eine einstweilige Verfügung zurück, mit der Trump und seine Anhänger den Sieg des Demokraten Joe Biden im Bundesstaat Pennsylvania kippen wollten. In dem knappen, aus einem einzigen Satz bestehenden Beschluss (PDF) äußerte sich das Gericht nicht zu den Gründen. Dort wurden auch keine abweichenden Stimmen der neun Richter – von denen sechs als konservativ eingestuft werden – aufgeführt.

Trump behauptet seit der Wahl vom 3. November, dass ihm der Sieg durch massiven Betrug genommen worden sei. Weder er noch seine Anwälte konnten dafür bisher überzeugende Belege vorbringen. Inzwischen wurden in 50 Fällen Klagen in verschiedenen Bundesstaaten abgeschmettert. In der vergangenen Woche sagte auch Trumps Justizminister William Barr, ihm lägen keine Beweise für Betrug in einem Ausmaß vor, das das Ergebnis verändern würde.

Weitere Klage vor dem Supreme Court

Pennsylvania hatte das Wahlergebnis bereits am 23. November bestätigt. Die Antragsteller wollten erreichen, dass diese Bestätigung rückgängig gemacht wird. Die Anwälte des Bundesstaats hatten vor dem Supreme Court vor einem solchen "dramatischen" Schritt gewarnt. Sie argumentierten: "Kein Gericht hat jemals eine Anordnung erlassen, mit der die Bestätigung der Ergebnisse einer Präsidentenwahl durch den Gouverneur für ungültig erklärt wurde."

Aus dem Trump-Lager wurde zudem eine neue Klage vor dem Supreme Court in Washington lanciert. Der republikanische Justizminister des Bundesstaats Texas, Ken Paxton, forderte in der am Dienstag veröffentlichten Klagsschrift, die Wahlergebnisse in Pennsylvania, Georgia, Michigan und Wisconsin für ungültig zu erklären, wo Biden gewonnen hatte. Ungewiss ist, ob der Supreme Court die Klage annimmt. Als Begründung führte Paxton an, in den vier Bundesstaaten sei die Verfassung verletzt worden – unter anderem, weil Wähler nicht gleich behandelt worden seien und es Unregelmäßigkeiten gegeben habe.

Paxton will, dass in diesen Bundesstaaten die Wahlleute entweder von den örtlichen Parlamenten, die von Republikanern dominiert werden, beauftragt oder gar nicht erst ernannt werden. Zusätzlich zur Klage reichte der Texaner beim Obersten Gericht einen Antrag auf eine einstweilige Verfügung ein, um alle Aktivitäten rund um die Wahlleute in den vier Bundesstaaten sofort stoppen zu lassen. Paxton schließt an die teils abenteuerliche Argumentation bisheriger Klagen an: So heißt es in einer angeblichen mathematischen Analyse, die Wahrscheinlichkeit eines Wahlsiegs Bidens in den vier Bundesstaaten liege bei 1 zu 1.000.000.000.000.000. Die Erfolgschancen der Klage werden als sehr gering eingestuft.

Sichere Bank für Landwirtschaftsministerium

Biden hat unterdessen neue Namen für sein Regierungsteam bekanntgegeben. Nach General Llyod Austin, der Verteidigungsminister werden soll, sind es nun der frühere Gouverneur von Iowa, Tom Vilsack, und die Abgeordnete Marcia Fudge. Vilsack soll Landwirtschaftsminister werden, Fudge für Wohnbau und Stadtentwicklung zuständig sein.

Der 69-jährige Vilsack kennt Biden bereits vor allem durch seine achtjährige Amtszeit als Landwirtschaftsminister unter US-Präsident Barack Obama. Mit seiner Wahl will der President-elect offenbar beide Flügel der Demokraten zufrieden stellen. Die Landwirtschaftslobbys wollten eigentlich Ex-Senatorin Heidi Heitkamp aus North Dakota auf dem Posten sehen. Die Reformer, die das Ministeriumsbudget eher für den Kampf gegen Hunger und den Klimawandel einsetzen wollen, präferierten Marcia Fudge – die nun das Ministerium für Wohnbau und Stadtentwicklung übernehmen soll.

Doch es ist unklar, ob Biden mit Vilsack der Spagat zwischen den beiden Positionen gelungen ist, denn der 69-Jährige steht im Moment noch dem US-Exportrat für Molkereiprodukte vor. Beobachter sehen darin ein Zeichen, dass er großen Betrieben nahesteht.

Das Landwirtschaftsministerium ist in den USA nicht nur für die Farmer zuständig, sondern auch für das Hilfsprogramm für Nahrungsmittelunterstützungen und Schulmahlzeiten. Es wird geschätzt, dass im Laufe eines Jahres ein US-Bürger eines der Programme in Anspruch nimmt.

Enttäuschung und Ehre für Fudge

Zu ihrer Nominierung als Ministerin für Wohnbau und Stadtentwicklung, sagte Marcia Fudge: "Wenn ich dem Präsidenten nur irgendwie helfen kann, werde ich das mit Freude tun. Es ist eine große Ehre und ein Privileg Teil von etwas so Gutem zu sein." Doch erst im Vormonat hatte sich Fudge im Interview mit "Politico" beschwert, dass schwarze Entscheidungsträger traditionell nur auf einige wenigen Posten im Kabinett verwiesen werden – das Ministerium, das sie nun übernehmen soll gehörte dazu. Sie wollte selbst gern Landwirtschaftsministerin werden.

Die 68-jährige Fudge ist seit 2008 Abgeordnete im Repräsentantenhaus und wollte 2018 gegen Nancy Pelosi im Rennen um dessen Sprecherin antreten. Doch Pelosi versprach unter anderem, dass schwarze Frauen eine verstärkte Rolle bei Entscheidungsfindungen im Kongress spielen würden – und Fudge gab nach und unterstützte Pelosi.

Mit dem Ministerium für Wohnbau und Stadtentwicklungen warten bereits große Aufgaben auf Fudge. Denn die USA befinden sich mitten in einer akuten Wohnraumkrise, denn Millionen on Mieter stehen wegen der strauchelnden Pandemie-Wirtschaft vor der Delogierung oder fürchten große Mietrückstände. Fudge vertritt den 11. Wahlkreis von Ohio im Repräsentantenhaus, der verlässlich mit großer Mehrheit demokratisch wählt. Ihre Verzicht auf das Mandat bringt die knapper Mehrheit der Demokraten in der Parlamentskammer also nicht in Gefahr.

China-Botschafter Buttigieg?

Zudem plant Biden offenbar, einen hochrangigen Botschafterposten mit seinem ehemaligen Konkurrenten im Rennen um die demokratische Präsidentschaftskandidatur, Pete Buttigieg, zu besetzen. Biden habe Buttigieg möglicherweise als Botschafter in China ins Auge gefasst, berichtete die Nachrichtenseite "Axios" am Dienstag. Buttigieg, ein Kriegsveteran, war zuvor für die Rolle des Botschafters bei den Vereinten Nationen im Gespräch, sei aber von Biden übergangen worden, heißt es auf der Nachrichtenseite. Diesen Posten erhielt die Diplomatin Linda Thomas-Greenfeld. (red, APA, 9.12.2020)