Nach 14 Minuten war das Spiel vorbei.

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Einer pfeift, zwei wacheln. Aber der vierte Schiedsrichter eines Fußballspiels steht selten im Mittelpunkt. Man sieht ihn, wenn er einen Spielerwechsel anzeigt oder die Nachspielzeit. Beim Champions-League-Spiel zwischen Paris Saint-Germain und Basaksehir Istanbul war alles anders. Da drehte sich, nach 14 Minuten schon, plötzlich alles um den vierten Mann im rumänischen Schiedsrichtergespann. Als ihn der Hauptreferee nach einer Turbulenz am Spielfeldrand fragte, welcher der Istanbuler Offiziellen zu sanktionieren sei, antwortete er nicht etwa: "Dieser da." Oder: "Der Assistenztrainer." Sondern er sagte: "Der Schwarze."

Darüber empörte sich zunächst Pierre Webo, der Assistenzcoach, der gemeint war, ihm sprang Istanbuls Stürmerstar Demba Ba zur Seite. Dann solidarisierte sich auch Paris Saint-Germain, am Ende verließen beide Teams aus Protest das Spielfeld. Das Match sollte erst am nächsten Tag fortgesetzt und beendet werden. Webo, ein Kameruner, hatte "negro" gehört, der vierte Referee will das rumänische Wort "negru" (schwarz) verwendet haben.

Wichtig

Nein, man muss und man sollte auch nicht davon ausgehen, dass dieser Unparteiische einer der größten Rassisten weltweit ist. Ja, auf dieser Welt und insbesondere in Fußballstadien sind schon ganz andere und schlimmere rassistische Vorfälle passiert. Und ja, vielleicht hätte der Referee neben vier dunkelhäutigen Menschen auch einen "Weißen" oder neben vier dunkelhaarigen einen "Blonden" als solchen tituliert. Und ja, auch das wäre unangebracht. Doch nein, dasselbe ist es nicht. Es gibt einen großen Unterschied. Schließlich sind Weiße und Blonde nicht permanent Diskriminierung und Rassismus ausgesetzt.

Der Fußballabend in Paris war wichtig, der Abbruch des Spiels war wichtig. Weil künftig hoffentlich auch die ganz anderen und schlimmeren Vorfälle zu Sanktionen führen. Und weil sehr vielen Menschen, die sich darüber ansonsten wenige oder keine Gedanken machen, eines vor Augen geführt wurde: Es geht nicht darum, wie etwas gemeint ist. Es geht darum, wie es ankommt. (Fritz Neumann, 9.12.2020)