Airbnb bietet alles von der Villa mit Infinity-Pool bis zum Matratzenlager im Hochhaus. Die Aktie dazu bietet nun die Nasdaq.

Wien / New York – Ausgerechnet in dem Jahr, das den massivsten Einbruch der (privaten) Reisetätigkeit seit dem Zeiten Weltkrieg sah, geht am Donnerstag der Unterkunftsvermittler Airbnb an die New Yorker Börse. Damit setzt die letzte große Internetplattform aus dem vorigen Jahrzehnt diesen Schritt – mitten in einer Pandemie. Bedenkt man den Bauchfleck, den voriges Jahr Uber ganz ohne Corona-Krise zum Start an den Märkten hinlegte, könnten Brian Chesky die Knie schlottern. Der Mitbegründer und derzeitige CEO hatte sich über Jahre gegen eine Erstemission entschieden. Doch aus dem Plan, Luftmatratzen in ungenützten Räumen zu vermitteln, erwuchs ein globaler Milliardenkonzern, nach dem sich Investoren schon lange strecken.

Die Plattform wird Insidern zufolge mit 47,3 Milliarden Dollar bewertet. Die Aktien seien zu 68 Dollar und damit oberhalb der angepeilten Preisspanne verkauft worden, sagte die mit der Angelegenheit vertraute Person in der Nacht zum Donnerstag. Damit nimmt Airbnb rund 3,5 Milliarden Dollar ein. Es handelt sich damit um den größten Börsengang in den USA in diesem Jahr. Erst am Mittwoch hatte der US-Essenslieferdienst DoorDash diesen Titel mit einem Börsengang geholt.

Besser im Vergleich

Das Timing der Beherbergungsplattform ist weniger ungewöhnlich, als man auf den ersten Blick meinen möchte. 2020 erlebte die Tech-Branche dank Homeoffice, Online-Shopping und Gaming in der Quarantäne einen Boom. Hätte Peking nicht den Börsengang der Ant-Group zurückgepfiffen, wäre es sogar inflationsbereinigt der bisher größte gewesen. Aber wurde Airbnb nicht durch die vielen Reiseverbote hart getroffen?

Tatsächlich lief das Geschäft des Wohnungsvermittlers miserabel im zweiten Quartal. Airbnb verzeichnete nur ein Drittel der Buchungen des Vorjahrs. Der Konzern entließ jeden vierten Mitarbeiter. Das dritte Quartal lief dank des epidemiologisch entschärften Sommers auf der Nordhalbkugel deutlich besser. Trotzdem registrierte Airbnb ein Minus von 18 Prozent im Vergleich zum Vorjahr bei den Buchungen.

Lichtblicke

Doch für positiven Schwung aus Sicht der Investoren sorgten zwei Nachrichten aus dem Herbst: Zum einen fiel der Buchungsrückgang weit geringer aus als bei Konkurrenten wie Expedia und Booking.com. Zum anderen erzielte Airbnb eine Rekordmarge von über 30 Prozent bei seinem Geschäft. Nichtsdestotrotz hob das Unternehmen die Gebühren für professionelle Gastgeber zuletzt an. Es werde eine Standardgebühr in Höhe von 15 Prozent fällig statt der bisher häufig nur veranschlagten drei Prozent.

Das suggeriert Anlegern, wohin die Reise geht. Nachdem die Impfstoffe bereits für viel Euphorie an den Märkten sorgten, dürften viele aufgeschobene Urlaube nachgeholt werden. Offenbar konnte Airbnb besser Kunden halten oder gewinnen. Die Marge spricht dafür, dass der Konzern nicht nur wachsen, sondern auch irgendwann etwas für Investoren abwerfen könnte. Von der Profitzone ist man derzeit aber weit entfernt.

2017 war Airbnb noch mit 31 Milliarden Dollar bewertet worden. Insidern zufolge schaut der Konzern seit Ausbruch der Pandemie genau auf die Kosten, hat einen Einstellungsstopp verhängt und das Marketing heruntergefahren. Ziel ist es demnach, dieses Jahr 800 Millionen Dollar einzusparen. Für Analysten überraschend erzielte Airbnb im dritten Quartal einen Gewinn von fast 220 Millionen Dollar und damit nur etwas weniger als im Vorjahreszeitraum. (Leopold Stefan, red, 10.12.2020)