Salzburg – Das Unschöne an Träumen ist, dass sie irgendwann ein Ende haben. Der FC Salzburg schlug sich am letzten Gruppenspieltag der Champions League wacker, muss nach dem 0:2 gegen Atletico Madrid aber Platz drei und die Abstufung in die Europa League hinnehmen.

Die Ausgangslage war simpel: Mit einem Sieg war Salzburg erstmals im Achtelfinale der Königsklasse, nur ein Sieg von Lok Moskau im Parallelspiel gegen Bayern München konnte Gruppenplatz drei und den Trostpreis Europa League verhindern.

Ausgeträumt.
Foto: APA/EPA/Bruna

Seit dem 13. August hatte Atletico exakt einmal verloren – gegen die Bayern. In zehn Ligaspielen kassierte Diego Simeones Team zwei Gegentore. Es gab also schon leichtere Aufgaben, Fans der Antike könnte da zum Beispiel die Erlegung des Nemeischen Löwen einfallen.

Jesse Marsch wagte, stellte mit Sekou Koita, Patson Daka und Mergim Berisha drei Stürmer in seiner 4-4-2-Raute auf, Letzteren als Zehner. Zum Aufwärmen spielte es Fort Minors "Remember the name". Wer den Song kennt, weiß: Mehr aufzuckern geht nicht.

Stange, die Erste

Die Gastgeber starteten passend, Berisha traf flott die Stange (3.). Simeone war auf Touren, den Trainer hängte es bei jedem Feindkontakt völlig aus. Koita traf nach Mwepu-Assist mehr Boden als Ball, Stargoalie Jan Oblak biss einen Szoboszlai-Schuss aus dem Eck (16.).

Minute 18: Ramalho rutscht aus, serviert dem Gegner den Ball. Daka putzt so ungestüm wie heldenhaft aus. Minute 24: Marcos Llorente setzt Atleticos erste Torschuss vorbei. Nach einer Viertelstunde offensiver Unsichtbarkeit zeigte sich auch Salzburg wieder, nach einem frühen Ballgewinn spielten Koita und Daka eine Chance in Überzahl suboptimal zu Ende.

Auf der anderen Seite war Wöber in Vorweihnachtslaune, sein Geschenk eines fehlgeleiteten Dribblings im Strafraum konnte Llorente aber nicht in ein Tor umwandeln. Da Atletico eben Atletico ist, war ein Geschehnis nur eine Frage der Zeit: Freistoß, Kopfball, Tor. Der Übeltäter hieß Mario Hermoso, Goalie Cican Stankovic war beim 0:1 machtlos (40.).

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Hermoso macht das 1:0.
Foto: Reuters/Föger

Also musste Salzburg dem Madrider Bollwerk zwei Tore einschenken. Es gibt leichtere Aufgaben, zum Beispiel alle. Daka fiel im Strafraum, zu wenig für einen Elfer. Immerhin kassierte Simeone für das Fordern einer Gelben eben diese.

Salzburg kam erfrischt aus der Pause. Minute 49: Szoboszlai taucht per Doppelpass alleine vor Oblak auf – und schießt vorbei. Bei Topklubs in halb Europa werden die Wunschzettel einen Namen kürzer, auf diesem Niveau muss man den machen. Stefan Savic verhinderte einen Daka-Schuss, bedrängte ihn auch im nächsten Anlauf entscheidend.

Salzburg baute dann Druck auf, schon das ist gegen Atletico bemerkenswert. Chancen blieben aus, das ist gegen Atletico normal. Die Spanier standen 25 Meter vor dem Tor in zwei Ketten, verteidigten mit unvergleichlicher Humorlosigkeit wie elf Türsteher.

Stange, die Zweite

Eine Viertelstunde vor Schluss ergaben sich doch noch Chancen. Mwepu rasierte aus der Distanz die Außenstange, Oblak wäre wohl da gewesen. Okafor schoss drüber, auf der anderen Seite parierte Stankovic einen Felix-Schuss gigantisch. Atletico blieb sich treu, Yannick Carrasco schoss aus einem Konter das 2:0. Damit war die Aufgabe unlösbar. Da die Bayern gegen Lok Moskau mit 2:0 ihre Pflicht taten, geht Salzburgs Europareise im Frühling mit dem Sechzehtelfinale der Europa League weiter. (Martin Schauhuber, 9.12.2020)

Stimmen (via Sky):

Jesse Marsch (Salzburg-Trainer): "Wir haben unseren Fußball und unsere Mentalität richtig gut repräsentiert. Wir waren immer dabei in jedem Spiel, haben gut gespielt in diesem Turnier, es war aber leider zu wenig gegen die besten Gegner. Man hat gesehen, dass Atletico tief verteidigt und nicht so viele Chancen braucht. Sie haben die nötige Qualität und auch Erfahrung. Ich bin aber sehr zufrieden und stolz auf meine Jungs. Was kann ich mehr von unserer Mannschaft erwarten? Sie haben es läuferisch und taktisch gut gemacht, wir hatten viele Vorteile, waren in vielen guten Situationen mit und gegen den Ball, leider war es wieder am Ende in diesem Turnier nicht gut genug."

Rasmus Kristensen (Salzburg-Abwehrspieler): "Erste Halbzeit hatten wir vier, fünf große Chancen und sie nur eine Standard und haben da das Tor gemacht. Dann wird es schwierig, weil sie so gut im Verteidigen sind. Wir haben weiter alles gegeben, hatten die gute Chance von 'Szobo' auf das 1:1, dann wäre es vielleicht ein anderes Spiel geworden. Wir waren nicht gut genug vor dem Tor, auf beiden Seiten. Wir haben so gut gekämpft in den sechs Spielen, aber nur vier Punkte bekommen. Wir haben uns viel mehr verdient, auch heute haben wir so gut gespielt, wir haben so viele Chancen herausgearbeitet und sie hatten fast keine. Es ist so schade, dass wir ohne Punkte sind und in diesem Finale nicht das Ergebnis geholt haben, das wir wollten."

Zlatko Junuzovic (Salzburg-Mittelfeldspieler): "Wir haben das ganze Spiel kontrolliert, den Gegner mehr als eine halbe Stunde unter Kontrolle gehabt. Wir müssen unsere Torchancen da einfach machen und kriegen dann ein Standardtor. Man hat schon gesehen, dass die Respekt gehabt haben. Sie haben ihr Spiel durchgezogen, sind hinten drinnen gestanden. Mein Fazit ist, dass wir zu viele Torchancen vergeben haben. Die größere Erfahrung von Atletico hat sich schon auch durchgesetzt, natürlich war auch das Quäntchen Glück bei ihnen dabei bei den Stangenschüssen von uns oder 50:50-Situationen im Strafraum, die wir teilweise nicht clever genug ausgespielt haben, wie es Atletico beim 2:0 gemacht hat. Das ist eine Spur von Cleverness, die uns noch fehlt."

Diego Simeone (Atletico-Trainer): "Der Führungstreffer war auf jeden Fall entscheidend. Die erste Hälfte war sehr intensiv, sie waren eindeutig besser, ab der 30. Minute war es dann einigermaßen ausgeglichen. Sie haben Fouls gemacht, um unsere Konter zu stoppen. Zweite Hälfte war ausgeglichener, sie hatten da Chancen, wir auch. Es war nicht das schlechteste Spiel von uns, wir hatten Schwierigkeiten, es war aber auch ein starker Gegner. Man kann das Spiel vielleicht etwas vergleichen mit unserem Achtelfinale gegen Liverpool in der vergangenen Saison. Wir genießen den Moment, ins Achtelfinale gekommen zu sein."

Alle 16 Achtelfinal-Aufsteiger:

Bayern München (Deutschland)
RB Leipzig (Deutschland)
Borussia Dortmund (Deutschland)
Borussia Mönchengladbach (Deutschland)
Atletico Madrid (Spanien)
Real Madrid (Spanien)
FC Sevilla (Spanien)
FC Barcelona (Spanien)
Manchester City (England)
Chelsea (England)
Liverpool (England)
Atalanta Bergamo (Italien)
Lazio Rom (Italien)
Juventus Turin (Italien)
FC Porto (Portugal)
Paris St. Germain (Frankreich)

Europa-League-Umsteiger:

Schachtar Donezk (Ukraine)
Dynamo Kiew (Ukraine)
FC Salzburg (Österreich)
Olympiakos Piräus (Griechenland)
Ajax Amsterdam (Niederlande)
FK Krasnodar (Russland)
Club Brügge (Belgien)
Manchester United (England)

Fußball-Champions-League, Gruppe A, 6. (und letzte) Runde:

Red Bull Salzburg – Atletico Madrid 0:2 (0:1)

Wals-Siezenheim, Red Bull Arena, keine Zuschauer erlaubt (wegen Coronavirus-Pandemie), SR Anthony Taylor (ENG).

Tore:

0:1 (39.) Hermoso
0:2 (86.) Carrasco

Salzburg: Stankovic – Kristensen, Ramalho, Wöber (89. Onguene), Ulmer – E. Mwepu (89. Susic), Junuzovic, Berisha, Szoboszlai (89. Okugawa) – Daka (73. Okafor), Koita (79. Adeyemi)

Atletico: Oblak – Trippier, Savic, Felipe, Hermoso – Llorente (91. Lodi), Koke, Saul Niguez (64. Herrera), Carrasco (89. Lemar) – Suarez (65. Correa), Joao Felix (89. Torreira)

Gelbe Karten: Ramalho bzw. Simeone (Trainer), Hermoso, Savic

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