Gemeinnützige Organisationen warten trotz eines bereits vergangenen Novembers weiterhin auf Ausfallentschädigungen. Sie wurden für den dritten Sektor zur selben Zeit angekündigt wie für die Privatwirtschaft. Die Abwicklung hätte über den NPO-Fonds vonstattengehen sollen. Doch der NPO-Fonds ist immer noch auf dem Stand vom Sommer. Nicht nur fehlt die Möglichkeit der angekündigten Sonderförderung für den November, sondern auch die Einreichung für den NPO-Fonds selbst für das vierte Quartal ist weiterhin nicht möglich. Angekündigt wurde das bereits vor vielen Wochen.

Wieder einmal beschleicht einen das Gefühl, dass die Wichtigkeit der sozialen Initiativen in der Politik nicht entsprechend wahrgenommen wird. Im ersten Lockdown wurde wenigstens noch geklatscht, jetzt wird nur noch angekündigt.

Diese Verzögerungen stellen viele NPOs und auch einige Sozialunternehmen nun vor finanzielle Schwierigkeiten. Ja, das Geld sollte bei sozialen Initiativen nicht an erster Stelle stehen. Essenziell zum Überleben der Idee und zur Durchführung der Mission ist es aber allemal. Man würde meinen, Sozialunternehmen, die neben der sozialen Mission auch ein betriebswirtschaftlich orientiertes Businessmodell verfolgen, haben hier nun einen entscheidenden Vorteil. Sie machen im Lockdown zwar auch keine Umsätze, ihnen stehen aber zumindest teilweise die Unterstützungsleistungen für Wirtschaftsbetriebe (die nicht nur angekündigt, sondern auch umgesetzt werden) offen. Im Gegensatz zu vielen Vereinen konnte etwa das Sozialunternehmen Vollpension in Wien, das sich bewusst dazu entschieden hat, als Gastronomieunternehmen zu agieren, zeitnah Wirtschaftsförderungen wie etwa den Fixkostenzuschuss in Anspruch nehmen.

Schwieriger Balanceakt

Dennoch steht auch dort die soziale Mission im Vordergrund. Zuerst sollen alle Mitarbeitenden die Möglichkeit einer sinnvollen und fair entlohnten Arbeit erhalten, erst danach wird über alles andere nachgedacht. Gerade wenn die Finanzierung knapp ist, entsteht aber bei sozialen Unternehmen die Versuchung, die betriebswirtschaftliche Seite der Aktivitäten zu priorisieren – vor allem wenn in den Unterstützungsprogrammen entsprechende Incentives gesetzt werden. Gibt ein Unternehmen dieser Versuchung nach, passiert ein sogenannter "Mission-Drift". Sozialunternehmen vollführen also einen ewigen Balanceakt, den Vollpension-Geschäftsführerin Hannah Lux in unserem Podcast wie folgt beschreibt: "Wann bist du zu sehr im rein finanziellen Denken drinnen, und wann kippst du in die andere Richtung und stehst finanziell schlecht da?"

Dieser im Lockdown verstärkt drohende Mission-Drift erhöht den Druck auf Sozialunternehmen und erschwert es ihnen ebenso wie NPOs, ihre soziale Mission unter den aktuellen Umständen zu erreichen. Das gerade in einer Zeit, wo dieser umso wichtiger ist.

Die wirtschaftlichen Förderungen verzögern sich.
Foto: APA/ROBERT JAEGER

Es bringt aber auch nichts, sich in Zeiten wie diesen noch mehr auszubeuten, als es die Menschen in diesem Bereich ohnehin schon immer getan haben. Lux dazu: "Irgendwann – und da war Corona ein guter Lehrer – wirst du auch strenger mit dir selbst. Wenn du merkst, es geht nicht, dann brennst du aus, wenn die Businessseite im Hintergrund steht."

Die Lösung wäre so einfach, und noch ist es nicht zu spät dafür: Förderungen nicht nur ankündigen, sondern auch bereitstellen. Denn nichts ist schädlicher in unsicheren Zeiten, als noch mehr Unsicherheit durch reine Ankündigungspolitik zu stiften. Ohne den dritten Sektor stünde Österreich ganz anders da. Denn nur mit Menschen, die sich organisiert sozial engagieren, kann unsere Gesellschaft durch diese Krise kommen. Und durch jede weitere. (Fabian Scholda, Gregor Ruttner, 14.12.2020)

Update vom 16.12.:

Als Reaktion auf den obenstehenden Kommentar, meldete sich kurz nach der Veröffentlichung das Vizekanzleramt bei uns. Ganz so einfach sei es nicht. Denn – und auch das gab Hannah Lux zu bedenken – die politische Aufgabe ist gerade unter diesen Umständen keine einfache.

Einerseits gibt es aus dem dritten Sektor den Ruf nach schneller und unbürokratischer Hilfe und die Empörung darüber, dass die Ausfallsentschädigungen für die Privatwirtschaft trotz gemeinsamer Ankündigung viel schneller zur Verfügung stand als für NPOs. Letztere müssen sich noch bis Jänner gedulden. Das Büro des Vizekanzlers weist auch darauf hin, dass Vereine gerade erst die Auszahlungen des NPO-Fonds für das zweite und dritte Quartal 2020 erhalten haben und man keine Anzeichen auf fehlende Liquidität sehe. Zudem darf nicht ignoriert werden, dass der NPO-Fonds im Frühjahr zwar etwas auf sich warten ließ, dann in der Abwicklung aber in der Tat relativ unbürokratische Hilfe ermöglichte.

Andererseits braucht eine solche unbürokratische Hilfeleistung natürlich auch eine gewisse Vorlaufzeit. Denn auch für die Politik gibt es Regeln, die es zu befolgen gilt. Alle Maßnahmen müssen juristisch wasserdicht und EU-konform, einfach in der Antragstellung und bewältigbar in der Abwicklung sein. Den ersten NPO-Fonds etwa kann man nicht einfach "kopieren", denn der angekündigte Umsatz-Ersatz verlangt ganz andere Prozesse, als das im Sommer der Fall war. Auch sieht man im Vizekanzleramt durchaus, dass NPOs nicht nur in Österreich im Schatten gewinnorientierter Unternehmen stehen. Gerade deshalb wurde ein saftiges Paket geschnürt: 950 Millionen Euro sind 2020 in 2021 für die Unterstützung des dritten Sektors geplant – mehr als in den meisten europäischen Ländern. Im Schatten mögen sie also stehen – aber vergessen wurden sie nicht.

Diese politischen Schritte gilt es durchaus zu würdigen und man ginge wohl zu weit, würde man der Politik unterstellen, vorsätzlich NPOs zu vernachlässigen. Natürlich ist das nicht der Fall – und man täte wohl auch all jenen unrecht, die intensiv daran arbeiten, die genannten Schwierigkeiten in der Entwicklung eines Unterstützungs-Apparates zu beseitigen.

Die angesprochenen Schwierigkeiten für NPOs entstehen auch nicht aus der Abwesenheit von Hilfeleistung, sondern viel eher aus deren Verzögerung – und noch viel mehr daraus, dass die Kommunikation der geplanten Maßnahmen asynchron zur tatsächlichen Umsetzung geschieht. Hilfeleistungen anzukündigen und klar zu kommunizieren ist wichtig. Wenn zwischen der Ankündigung und der Verfügbarkeit allerdings mehrere Monate liegen, bedarf es einem gehörigen Batzen Optimismus, um die fehlende Planungssicherheit auszugleichen. (Fabian Scholda, Gregor Ruttner, 16.12.2020)