Friseure dürfen seit dem 7. Dezember wieder offen halten.

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Es war so etwas wie ein kleines Extrazuckerl für Beschäftigte, die wegen des Lockdowns in Kurzarbeit müssen. Kurz vor Start des zweiten harten Lockdowns Mitte November hatten Arbeitnehmer und Arbeitgeber vereinbart, Mitarbeitern in gesperrten Branchen einen Teil der verlorenen Trinkgelder zu ersetzen.

Die Gewerkschaft hatte auf mehr gedrängt, letztlich einigte man sich auf 100 Euro. Diesen Trinkgeldersatz sollte es für Kellner, aber auch Friseure, Masseure, Fußpfleger und Kosmetiker geben. 100 Euro klingen für manche nicht nach viel Geld, doch das Einstiegsgehalt eines gelernten Friseurs liegt laut Kollektivvertrag für Vollzeitbeschäftigte bei 1.500 Euro, der Hunderter macht also sehr wohl einen Unterschied.

Doch bei der Auszahlung des Geldes spießt es sich nun. Konkret stehen Arbeitgeber auf der Bremse. Die Vertreter der Friseure, Masseure, Kosmetiker und Fusspfleger lehnen derzeit die Unterzeichnung eines Zusatzkollektivvertrags mit der Gewerkschaft betreffend den 100er ab. Der Streit dreht sich um die Frage, wie viel Arbeitgeber vom Arbeitsmarktservice (AMS) ersetzt bekommen werden, wenn sie die 100 Euro auszahlen.

Wer trägt die Kosten?

Die Branchenvertreter aus der Wirtschaftskammer fürchten nämlich, dass ein Teil der Unternehmen auf den Kosten für die ganze Aktion sitzenbleiben wird. Die Vereinbarung der Sozialpartner sah tatsächlich vor, dass die Arbeitgeber den 100er auszahlen, sich aber dieses Geld vom AMS dann zurückholen können. Vereinbart wurde das in Form einer groben Punktation. Wie die Abrechnung im Detail ablaufen sollte, wurde nicht geklärt.

Und hier spießt es sich nun. Vereinfacht gesagt lässt sich das Problem so zusammenfassen, dass die AMS-EDV auf diesen Spezialfall der Trinkgelder nicht eigens programmiert ist und es daher in manchen Fällen dazu kommt, dass nicht die vollen 100 Euro ersetzt werden können.

Arbeitgeber müssen bei der Abrechnung der Kurzarbeit angeben, wie hoch der Verdienst der Mitarbeiter ist. Auf dieser Basis errechnet sich dann das Kurzarbeitsgeld, das die Unternehmer bekommen. Bei 100-prozentigem Ausfall werden die gesamten Kosten inklusive Sozialbeiträgen ersetzt. Wenn der Ausfall nur 50 Prozent der Arbeitszeit beträgt, dann wird vom AMS weniger ersetzt.

Im November startete der Lockdown mit dem 17., es kommen also nur zwei Wochen zusammen. Wenn Unternehmer 100 Euro Trinkgeld auszahlen, bekommen sie vom AMS nicht die vollen 100 Euro zurück. Das zweites Problem trifft nur auf einige Mitarbeiter zu. Je nach Verdiensthöhe variiert die Höhe des Kurzarbeitsgeldes etwas. In manchen Grenzfällen entscheiden nur wenige Euro, in welche Gruppen ein Mitarbeiter fällt. Der Trinkgeld-100er ändert für Arbeitnehmer nichts, wird aber wegen dieser Variation nicht immer voll ersetzt. Ein Beispiel: Verdient eine Friseurin 1.699 Euro und fällt für einen Monat voll aus, würde der Arbeitgeber 2.338,32 Euro vom AMS ersetzt bekommen. Bei 100 Euro mehr würde die Ersatzrate aber um nur rund 30 Euro steigen.

Die EDV-Abrechnung für die Kurzarbeit beim AMS betrifft Monat für Monat hunderttausende Menschen. Hier eine Umprogrammierung vorzunehmen wegen des Trinkgeldstreits gilt als langwierig und teuer.

Viel Wirbel um wenig Geld oder berechtigte Sorgen?

Und was sagen die Sozialpartner? Anna Daimler von der Dienstleistungsgewerkschaft Vida kritisiert die Arbeitgeber: "100 Euro Trinkgeldersatz für einen Monat bedeuten, dass die Beschäftigten 3,40 Euro am Tag bekommen. Das Tamtam, das die Arbeitgeber um diesen Betrag machen, ist entbehrlich. Das ist das Mindeste, was Beschäftigten in schwierigen Zeiten wie diesen zusteht." Über eine anteilige Auszahlung des Trinkgeld-100ers, weil der Lockdown kürzer gedauert hat, sei die Gewerkschaft aber verhandlungsbereit.

Ist es wirklich nur Tamtam um ein paar Euro? Reinhard Kainz, Geschäftsführer der Bundessparte Gewerbe und Handwerk, sieht das anders: "Wir haben Mitgliedsbetriebe in dem Bereich mit mehr als 1.000 Mitarbeitern. Das sind dann keine kleinen Summen mehr, um die es hier geht. In Zeiten wie diesen kann das entscheidend sein." Die Arbeitgeber seien bereit, einen Zusatzkollektivvertrag zu schließen und auch den 100er auszuzahlen, aber nur dann, wenn Kosten wie vereinbart voll ersetzt werden.

Die gleichen Diskussionen gibt es übrigens auch in der Gastronomie. Dort wurde der 100er im November schon ausbezahlt, im Zuge der Abrechnungen dann aber das Problem festgestellt. Für den Dezember wurde eine zweite Trinkgeldzahlung vereinbart. Doch wegen der beschriebenen Streitpunkte gibt es auch hier bisher keine Einigung der Sozialpartner.

In Österreich arbeiten rund 20.000 Friseurinnen und nochmal 9.500 Menschen als Fußpfleger, Kosmetiker oder Masseure. (András Szigetvari, 10.12.2020)