Eine Dienstfreistellung ist der Verzicht des Arbeitgebers auf die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers. Weil das Unterbleiben der Arbeitsleistung dem Arbeitgeber zuzuschreiben ist, bleibt der Entgeltanspruch aufrecht. Der Arbeitnehmer kann, statt zu arbeiten, Freizeit genießen und wird dafür bezahlt.

Das leisten sich Unternehmen häufig, wenn Arbeitnehmer gekündigt werden, die Zugang zu vertraulichen Informationen oder wichtigen Geschäftspartnern haben. Oder wenn nach ihrer Kündigung nur mehr schlechte Stimmung im Betrieb zu erwarten ist. Manchmal eskalieren langjährige Konflikte (ohne dass jemand gekündigt wurde oder gekündigt werden kann), und es scheint keine andere Lösung zu geben, als einen der Kontrahenten freizustellen.

Seltenes Recht auf Beschäftigtwerden

Freistellungen sind zulässig, außer im äußerst seltenen Fall eines "Rechts auf Beschäftigung". Damit ist in Wahrheit das Recht auf Beschäftigtwerden gemeint, also im Rahmen des vereinbarten Aufgabengebiets auch wirklich tätig sein zu können. Dieses Recht haben aber nur sehr wenige Berufsgruppen, etwa Künstler, Profifußballer oder Chirurgen. Sie würden ihre Bekanntheit und vor allem ihre Fertigkeiten verlieren, könnte ihr Arbeitgeber sie einfach freistellen. Ein Künstler hat sogar, wenn er nicht angemessen beschäftigt wird, das Recht auf vorzeitigen Austritt samt Entschädigungsanspruch (§ 18 Theaterarbeitsgesetz).

Nicht so bei jedem herkömmlichen Arbeitnehmer: Es gibt kein rechtliches Mittel, sich gegen eine Freistellung zur Wehr zu setzen, und wohl auch keinen Anlass dazu. Was gibt es aus Arbeitnehmersicht daran auszusetzen, bezahlt zu werden, ohne dafür arbeiten zu müssen? Freilich kann eine Freistellung beim Arbeitnehmer auch sehr kränkend ankommen. Um rechtlich relevant zu werden, müsste die Freistellung aber schon Teil eines Mobbinggeschehens sein.

Freistellungen sind also grundsätzlich zulässig. Dennoch finden sich immer wieder Arbeitsverträge, in denen sich der Arbeitgeber explizit das Recht einräumen lässt, den Arbeitnehmer freizustellen. Das ist für Österreich überflüssig und scheint aus Vorlagen nach anderen Rechtsordnungen zu stammen.

Herkömmliche Arbeitnehmer können sich nicht gegen eine Freistellung wehren.
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Urlaubskonsum in der Freistellung

Gerne wird im Vertrag auch vorweg vereinbart, dass in einer Freistellung der offene Urlaub konsumiert werden muss. Auch das ist überflüssig, aber nicht weil das ohnehin die Rechtslage ist – im Gegenteil: Eine Vorweg-Vereinbarung ist in der Regel unzulässig, wonach während einer erst in ferner Zukunft liegenden und ungewissen Freistellung Urlaub unbekannten Ausmaßes konsumiert werden muss. Dies ergibt sich aus den Einschränkungen, im Vertrag einen allzu langen Betriebsurlaub vorzugeben (Rechtssatz RS0077382). Um einen Urlaubskonsum während der Freistellung zu erreichen, müssten die Parteien im konkreten Anlassfall eine Urlaubsvereinbarung abschließen. Häufiger Streitpunkt: Haben die Parteien vor der Freistellung bereits eine Urlaubsvereinbarung geschlossen, sodass der geplante Urlaub innerhalb der Freistellung liegt, bleibt diese Vereinbarung aufrecht – der Urlaub unterbricht die Freistellung und reduziert den Urlaubsanspruch.

Widerruflich oder unwiderruflich?

Freistellungen können widerruflich oder auch unwiderruflich gestaltet werden. Wer auf Arbeit verzichtet, sie aber bezahlt, kann natürlich entscheiden, wie lange das gelten soll. Insofern macht es Sinn, während der bezahlten Arbeitszeit die Erreichbarkeit des Mitarbeiters einzufordern, sei es für Rückfragen, sei es für die Aufforderung, den Dienst wieder anzutreten.

Pflichten trotz Freistellung

Sämtliche Pflichten des Arbeitnehmers bleiben in der Freistellung aufrecht, ausgenommen natürlich die Pflicht zur Arbeitsleistung. Der Arbeitnehmer muss etwa weiterhin Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse wahren, darf das Konkurrenzverbot nicht verletzen, sich auch nicht rufschädigend über seinen Arbeitgeber äußern. Krankenstände und Urlaube sind zu melden, wobei letzteres de facto wohl nur bei Urlaubsreisen praktische Relevanz hat. Der Arbeitgeber bleibt zur Entgeltzahlung verpflichtet.

Freistellung vor Entlassungen

Nicht ganz so einfach wie vermutet lässt sich mit Freistellungen Zeit für eine Entlassung gewinnen. Wird die Entlassung nicht unverzüglich ausgesprochen, ist das Recht ja verwirkt ("Unverzüglichkeitsgrundsatz"). Wer Zeit braucht, um dem Verdacht eines Entlassungsgrundes nachzugehen, kann sie sich nehmen – sollte aber zu seiner optimalen Absicherung den Arbeitnehmer freistellen. Dabei muss dem Mitarbeiter nach der Judikatur das Motiv der Freistellung (zwecks Klärung der tatsächlichen oder rechtlichen Voraussetzungen für einen Entlassungsausspruch) offengelegt werden (so schon OGH 20.09.2000, 9ObA185/00x). Außerdem darf die Freistellung nur so lange dauern, wie es bis zur Klärung der Sach- und Rechtslage auch wirklich notwendig ist: Bei dem suspendierten Dienstnehmer darf sich nämlich mit zunehmendem Zeitverlauf nicht der Eindruck verfestigen, dass die Suspendierung nicht mehr als vorläufige Maßnahme zur Vorbereitung einer Entlassung dient, sondern aus anderen Erwägungen als aus jenen erfolgt (jüngst: OGH 23.07.2019, 9 ObA 20/19k).

Wer also ohne Begründung freistellt und sich dann unnötigerweise Monate für die Recherche des Entlassungsverdachts Zeit lässt, wird vor Gericht keine allzu guten Karten haben. (Kristina Silberbauer, 15.12.2020)