Haben ihre Türen geöffnet: Lotta in Hietzing; ...

Foto: Wie wien wohnt

... Alina, Anna, Katharina und Hund Kurt; ...

Foto: Wie wien wohnt

... Farah in Rudolfsheim-Fünfhaus, ...

Foto: Wie wien wohnt

... Baldrich im sechsten Bezirk.

Foto: Wie wien wohnt

In Wien-Hietzing klimpert Lotta auf ihrer Gitarre, während ihre Katze Sandy zuschaut. Im 15. Bezirk hat Farah Süßes auf dem Wohnzimmertisch drapiert, nun lehnt sie sich in ihrem gelben Polstersessel zurück. In Ottakring strahlen Alina, Anna, Katharina und ihr Hund Kurt in die Kamera.

Die Instagram-Seite "Wie Wien wohnt" gibt seit rund einem Jahr Einblicke in Wiener Wohnungen. Mehrmals wöchentlich posten die Initiatorinnen Hannah Doppel und Marie-Louise Gahleitner ein einzelnes Foto aus einer Wohnung, in der sich die Bewohner ganz nach ihrem Geschmack in Szene werfen dürfen. Studentisches Chaos, finstere Erdgeschoßwohnung, Penthouse – diese und weitere Wohnrealitäten werden mit dem Vornamen der abgelichteten Person und dem Bezirk, in dem diese wohnt, versehen. Der Rest ist der Fantasie des Betrachters überlassen.

Anfangs mussten Gahleitner und Doppel für ihren Instagram-Account noch Bekannte rekrutieren. Mittlerweile melden sich immer mehr Interessierte, die ihre Wohnung herzeigen möchten. Großes Ziel sei aber, nicht nur Menschen aus der eigenen Blase und aus den immergleichen Bezirken abzubilden, betonen sie im virtuellen Gespräch mit dem STANDARD. Vielmehr gehe es darum, die ganze Vielfalt der in Wien lebenden Menschen darzustellen. "Darum schreiben wir Menschen, die wir spannend finden, auch ganz gezielt an", erzählt Hannah Doppel.

Lebensgeschichte am Esstisch

Mittlerweile waren die beiden in gut 90 Wohnungen persönlich zu Gast. Das seien tolle Erlebnisse gewesen: "Wir werden wie Gäste eingeladen. Und dann sitzen wir da und hören zu." Spannende Themen und Gemeinsamkeiten würden sich immer finden. Teilweise erzählten ihnen Menschen am Esstisch schon ihre Lebensgeschichte. Bei einem Bewohner einer Erdgeschoßwohnung im fünften Bezirk aus Uruguay waren die beiden gleich einige Stunden zu Gast, um mit ihm gestalterische Pläne für seine Wohnung zu wälzen.

Die persönlichen Besuche wurden zuletzt allerdings ausgesetzt: Während des harten Lockdowns wurden Interessierte gebeten, sich selbst abzulichten und die Fotos zu schicken, so wie im Lockdown im Frühjahr. Nun werden die Hausbesuche mit Maske und Abstand wieder aufgenommen. Das Projekt lebe vom persönlichen Austausch.

Erkenntnisse von den Besuchen in Wiener Wohnungen: "Man kann überhaupt nicht generalisieren", sagt Gahleitner. Oft stelle man sich unter einer bestimmten Adresse in einem bestimmten Bezirk etwas ganz anderes vor als das, was einen dann hinter der Eingangstür erwartet. Schubladendenken, sind die beiden überzeugt, funktioniere beim Wohnen nicht. Denn jede Wohnung habe eine Ecke, die überrascht.

Pinke Treppe

Oder sogar mehr als nur eine: Ein Wiener Arzt, der sich ablichten ließ, hatte sich zum Beispiel inmitten seines Wohnraumes eine knallpinke Treppe installiert. "Die hat er mal irgendwo gesehen und sich dann nachbauen lassen", erzählt Gahleitner. Auch Fans ihres Instagram-Accounts berichten, wie sie die Fotos inspirieren. Ganz besonders in Zeiten von Corona, wo die meisten Menschen mehr zu Hause sitzen: Viele würden sich jetzt für sich selbst und ihren eigenen Geschmack einrichten, erzählt Doppel: "Es kommt ja ohnehin kein Besuch. Man muss schauen, was einen selbst happy macht." Und für manche reicht für das Glücksgefühl schon der kurze Blick in fremde Wohnungen, wie ihn auch der STANDARD wöchentlich mit den Wohngesprächen gewährt.

Die gute Nachricht für all jene, die sich nun auch ein fotografisches Denkmal setzen wollen: Zusammenräumen ist nicht nötig, ja, nicht einmal erwünscht. Am Ende ist es meistens trotzdem blitzsauber, wenn Doppel und Gahleitner anrücken. Noch ist ihr Instagram-Account ein Hobby: "Es ist richtig nett, neue Menschen kennenzulernen", sagt Gahleitner. Ziele für 2021 sind aber gesteckt. Zumindest eines darf schon verraten werden: Es stehen viele weitere Hausbesuche an. (Franziska Zoidl, 15.12.2020)