Wer länger als 15 Minuten etwas trinken will, muss seinen Namen hinterlassen. Und eine Telefonnummer. Und eine E-Mail-Adresse. Außerdem die genaue Besuchszeit. Und den exakten Besuchsort innerhalb des Betriebs.

Foto: Imago / Sabine Gudath

Wien – Schnell war der Aufschrei da, und er war laut: Die Polizei soll künftig auch in privaten Wohnungen kontrollieren dürfen, hieß es in einem Änderungsantrag zum Epidemiegesetz. Noch bevor er am Freitag durch den Nationalrat geht, wurde er aber abgeschwächt.

Der entsprechende Abänderungsantrag – er liegt dem STANDARD in seiner aktuellen Fassung vor – wurde Donnerstagabend noch einmal geändert. In der entsprechenden Passage, bei der geregelt wird, welche Örtlichkeiten betreten werden dürfen, finden sich nach wie vor "Ortschaften, Betriebsstätten, sonstige Gebäude und Verkehrsmittel" – sofern dies im Zuge von "Erhebungs- und Bekämpfungsmaßnahmen" nach dem Epidemiegesetz "unbedingt erforderlich ist". Dann wurde angefügt: "Der private Wohnbereich darf nicht betreten werden."

Beschlossen wird das Ganze am Freitag. Auch das Gesundheitsministerium betonte am Donnerstagabend: "Die Polizei darf künftig die Quarantäne kontrollieren, aber nicht die Wohnung betreten."

Unklar ist noch, auf wessen Bestreben der ursprüngliche Änderungsantrag zustande kam.

Registrierungspflicht möglich

Was bleibt, sind Änderungen in der Registrierungspflicht. Gastronomie und Hotellerie, Sportstätten, Freizeit- und Kultureinrichtungen sowie Spitäler und Altenheime könnten künftig verpflichtet werden, die Daten ihrer Gäste aufzunehmen und zu speichern. Jedenfalls dann, wenn der Abänderungsantrag tatsächlich durchgeht. Vorgesorgt wird auch für die weihnachtlichen Reiseeinschränkungen. Bei der Reiseverordnung wird nicht mehr nur auf Risikostaaten, sondern auf alle Länder abgestellt.

Begründet werden die Registrierungen damit, dass diese Daten zur Nachverfolgung von Kontakten nötig sein könnten. Die Regel ist bis zum 30. Juni befristet, kann dann aber verlängert werden. Gesetzlich wird damit ermöglicht, dass die Datenerhebung mittels QR-Code erfolgt.

Vermerkt werden sollen Namen und Angaben wie Telefonnummer und E-Mail-Adresse sowie Aufenthaltsdauer. All das gilt nur, wenn sich die Person mehr als eine Viertelstunde in der Einrichtung oder bei der Veranstaltung aufhält. Die Daten sollen auf Aufforderung der Gesundheitsbehörde übermittelt werden. Erfasst sind etwa Museen, Bibliotheken, Spielhallen und Bäder. Ausgenommen sind der Privatbereich, Versammlungen und der Handel. Auch Take-away bleibt ohne Registrierung möglich.

Die Polizei darf doch nicht rein

Festgeschrieben wurde in der alten Version auch eine ausdrückliche Betretungsbefugnis der Organe des öffentlichen Sicherheitsdiensts. Damit hätten diese neben den Gesundheitsbehörden zumindest die Einhaltung von Verpflichtungen der Absonderung kontrollieren können.

Opposition und Juristen betrachteten die Änderung mit Ärger und Skepsis: "Das ist eine schrittweise Strategie zur Verstärkung von Eingriffsmöglichkeiten der Polizei", sagt Verfassungsexperte Bernd-Christian Funk dem STANDARD. Anwalt Florian Horn sagt: "Es ist fraglich, ob das, bezogen auf den Schutz des Hausrechts, verfassungskonform ist."

"Massiver Eingriff ins Privatleben"

Die SPÖ reagierte auf das Vorhaben empört. Vizeklubchef Jörg Leichtfried sah einen massiven Eingriff ins Privatleben, noch dazu, wo die Regelung unbefristet sei und es keine Begutachtung gegeben habe. Was die Registrierungspflicht für Heime und Krankenhäuser betrifft, fragt Leichtfried in einer Aussendung, ob die Bundesländer diesmal vorher informiert und eingebunden gewesen seien.

Auch bei den Neos tobte man. "Solche Zustände kennt man maximal von autoritären Staaten. Das ist gefährlich, das ist einer Demokratie und eines Rechtsstaats nicht würdig", sagte der stellvertretende Klubobmann Nikolaus Scherak. Es sei unfassbar, mit welcher Selbstverständlichkeit die Bundesregierung still und heimlich in fundamentale Grund- und Freiheitsrechte eingreifen würde – noch dazu, weil der Antrag in den Bestimmungen zur Gastro-Registrierung "versteckt" gewesen sei. (Vanessa Gaigg, Gabriele Scherndl, 10.12.2020)