Ein Großer Panda nach erfolgreichem Vollbad in frischem Pferdemist.

Fuwen Wei

Der Pandabär ist trotz seiner Größe eines der niedlicheren Tiere des Planeten. Aber er hat auch – zumindest für unsere Vorstellungen – ziemlich eklige Vorlieben: Große Pandas in Zentralchinas nationalem Naturschutzgebiet Foping reiben sich gern mit Pferdemist an Hals und Kopf ein und wälzen sich genüsslich darin, bis ihr ganzer Körper damit bedeckt ist. Danach sind die Tiere nicht mehr schwarz-weiß, sondern – wie hier im Bild – schmutzig gelbbraun.

Was aber steckt hinter diesem Faible? "Große Pandas sind dafür bekannt, sich sehr für Gerüche zu interessieren", erklärt Eveline Dungl, zoologische Abteilungsleiterin im Tiergarten Schönbrunn. "Und sie lieben es, sich in Heu und Sägespänen zu wälzen." Im Wiener Zoo werden diese Vorlieben sehr hygienisch befriedigt: So gebe es für die Pandabären "mit Zimt oder Orangenduft versehene Handtücher, an denen sie sich gerne reiben", so Dungl. "Artfremder Kot wird aber nicht ins Pandagehege eingebracht."

Frisch muss er sein

Bleibt die Frage, warum gerade Pferdekacke die Großen Pandas so anzieht. Um das Rätsel zu lösen, analysierten chinesische Forscher um Fuwen Wei (Institut für Zoologie der Chinesischen Akademie der Wissenschaften) 38 einschlägige Vorfälle im Naturschutzgebiet. Dabei zeigte sich, dass die Riesenpandas frische Pferdeäpfel eindeutig bevorzugten, die maximal zehn Tage alt waren.

Das brachte die Forscher auf eine heiße Spur. Denn frischer Pferdekot enthält größere Mengen der Substanzen Beta-Caryophyllen (BCP) und Beta-Caryophyllenoxid (BCPO), wie die Zoologen im Fachblatt "PNAS" schreiben. Im nächsten Schritt versetzten sie Heu im Pandagehege des Zoos von Peking mit den beiden Duftstoffen. Und siehe da: Die Tiere bevorzugten ganz eindeutig dieses damit einparfümierte Heu.

Zusammenhang mit Kälte

Aus dem Naturschutzgebiet war außerdem bekannt, dass sich die Pandabären vor allem bei tieferen Temperaturen im Pferdekot wälzten. Was wiederum zur Hypothese führte, dass BCP und BCPO etwas mit dem Kältemanagement der Tiere zu tun haben könnten. Denn Pandas sind zwar Bären, halten aber keinen Winterschlaf, um so die Kälte besser zu überstehen.

Wenn es kalt wird, halten Pandabären keinen Winterschlaf, sondern müssen sich anders warmhalten.
Foto: Fuwen Wei

Da die Großen Pandas in China nationales Kulturgut sind, gibt es für die Forschung strenge Beschränkungen. Also mussten die Forscher ihre Vermutung an Mäusen testen. Und tatsächlich: Mäuse, deren Fell mit einer verdünnten BCP/BCPO-Lösung versetzt wurde, steigerte die Kältetoleranz der Tiere, wie Fuwen Wei und Kollegen berichten.

Die solcherart imprägnierten Mäuse kuschelten sich bei Temperaturen unter dem Gefrierpunkt nicht zusammen. Zudem entdeckten die Forscher, dass BCP und BCPO Rezeptoren in Zellen blockieren, die bei Pandas Kälte wahrnehmen.

Zustimmung und Skepsis

Einige Forscher, die von Kollegen des Fachblatts "Science" zu dieser Erklärung befragt wurden, halten diese für durchaus plausibel, auch wenn die chinesischen Forscher keinen eindeutigen Beweis vorlegen konnten. So wird darauf verwiesen, dass alte Handelswege seit Jahrtausenden durch die Region des heutigen Naturschutzgebiets führten, was es möglich mache, dass die Riesenpandas sich diese Praxis angewöhnten. Auch bei anderen Tieren sei die Verwendung von Naturstoffen zur Regulierung der Körpertemperatur nicht ungewöhnlich.

Skeptisch zeigt sich nur Malcolm Kennedy (Universität Glasgow). Er verweist darauf, dass sich Große Pandas alles ins Fell schmieren, was sie für ungewöhnlich oder interessant halten. Vor allem aber wäre eine bewusste Blockade der Thermosensor-Rezeptoren letztlich eine potenziell selbstmörderische Strategie, weil sie die Tiere abhalte, trotz der Kälte Schutz zu suchen. (Klaus Taschwer, 11.12.2020)