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In den sozialen Medien sowie mehreren US-Bundesstaaten, wie im Bild in Minnesota, demonstrierten Gegner der Todesstrafe gegen die Hinrichtung Bernards.

Foto: AP/Austen Leake

Washington – Die Regierung des abgewählten US-Präsidenten Donald Trump hat knapp sechs Wochen vor dessen Ablösung einen wegen Mordes verurteilten Schwarzen hinrichten lassen – trotz prominenten Widerstands. Brandon Bernard (40) wurde am Donnerstagabend im Gefängnis in Terre Haute im US-Bundesstaat Indiana mit einer Giftspritze getötet, wie US-Medien berichteten.

Bis zur Amtsübernahme des Demokraten Joe Biden am 20. Jänner will die US-Regierung nach Angaben des Death Penalty Information Center noch vier weitere Todesurteile vollstrecken. Biden hat sich für die Abschaffung der Todesstrafe auf Bundesebene ausgesprochen. Der Republikaner Trump ist dagegen ein Befürworter von Hinrichtungen. Das Oberste Gericht der USA hatte einen Antrag auf Aussetzung der Hinrichtung Bernards noch am Donnerstagabend abgelehnt.

Damit bricht der Amtsinhaber mit einer 130-jährigen Tradition, wonach in der Übergangszeit zu einer neuen Präsidentschaft keine Todesurteile vollstreckt werden.

Brandon Bernard wurde am Donnerstagabend hingerichtet.
Foto: AFP PHOTO/Brandon Bernardís Defense Team

Prominente Unterstützung wirkungslos

Reality-TV-Star Kim Kardashian West – die gute Beziehungen zu Trump pflegt – hatte sich für Bernard eingesetzt, der als 18-jähriges Gangmitglied wegen Mordes festgenommen und von einer Jury zum Tod verurteilt worden war.

Kardashian West schrieb am Donnerstag auf Twitter: "Es ist der Tag der Menschenrechte, und hier in den Vereinigten Staaten richten wir jemanden hin, der zum Zeitpunkt des Verbrechens 18 war, nicht der Schütze war und sich rehabilitiert hat. So beschämend." Kardashian West studiert im Moment, um Anwältin in Kalifornien zu werden.

Laut US-Medienberichten sprachen sich zuletzt selbst damalige Angehörige der Jury dafür aus, die Todesstrafe in eine lebenslange Haftstrafe umzuwandeln. In letzter Minute beantragten auch die prominenten Anwälte Alan Dershowitz und Ken Starr, die Vollstreckung der Todesstrafe für 14 Tage auszusetzen. Beide hatten Trump in dessen Amtsenthebungsverfahren im Kongress verteidigt.

Bernard wurde zum Tode verurteilt, weil er am Mord von Todd und Stacie Bagley im Juni 1999 beteiligt gewesen ist. Er war einer von fünf Jugendlichen, die das Paar in Texas ausgeraubt und sie schließlich in den Kofferraum ihres Autos gedrängt haben sollen.

Die Frage nach der Todesursache

Der 19-jährige Christopher Vialva erschoss die beiden im Kofferraum und Bernard zündete anschließend das Fahrzeug an. Während des Prozesses sagten Bernards Verteidiger, dass das Paar wahrscheinlich schon tot gewesen war, bevor das Fahrzeug angezündet wurde. Ein unabhängiger Experte der Verteidigung gab zu Protokoll, dass die Frau vor den Flammen "klinisch tot" war.

Doch die Anklage erwiderte, dass zwar der Mann sofort gestorben war, doch in den Atemwegen der Frau Ruß gefunden wurde, was darauf hindeutet, dass eine Rauchvergiftung und nicht die Schusswunde die Todesursache war.

Bernards Anwälte sagten, dass er Angst gehabt hätte, was ihm passieren würde, wenn er sich geweigert hätte, den Befehlen Vialvas zu folgen. Dieser wurde im September hingerichtet. Alle anderen Komplizen erhielten Haftstrafen, da sie zum Zeitpunkt des Verbrechens noch unter 18 Jahre alt waren. Für Bernard forderte die Verteidigung lebenslange Haft ohne Bewährung.

Bernards letzte Worte richteten sich an die Familie des Paares. Er entschuldigte sich bei ihnen, so die Nachrichtenagentur AP.

Seit Juli neun Menschen durch Trump-Regierung hingerichtet

Justizminister William Barr hatte 2019 eine Wiederaufnahme von Hinrichtungen auf Bundesebene angekündigt. Nach einem juristischen Tauziehen wurde im Juli das erste Mal seit mehr als 17 Jahren wieder eine Todesstrafe auf dieser Basis vollstreckt. Seitdem wurden – Bernard eingerechnet – neun Menschen auf Veranlassung der Bundesregierung hingerichtet, unabhängig von der Vollstreckung von Todesstrafen in US-Bundesstaaten. Die nächste Hinrichtung auf Bundesebene ist bereits für diesen Freitag geplant. Sollten alle noch vier geplanten Hinrichtungen bis zum Ende der Amtszeit stattfinden, wären es 13 insgesamt – und unter Trump wären mehr Menschen hingerichtet worden, als unter einem anderen Präsidenten in den vergangenen hundert Jahren.

Nach Angaben des Death Penalty Information Center (DPIC) waren unter den seit Juli Hingerichteten fünf Weiße, drei Schwarze und ein amerikanischer Ureinwohner. Vor Bernard war zuletzt am 19. November – gut zwei Wochen nach der Wahl – ein Häftling hingerichtet worden. Unter den vier weiteren Todeskandidaten, die bis zu Bidens Amtseinführung hingerichtet werden sollen, sind laut Medienberichten drei Schwarze und eine weiße Frau. Sie wäre die erste Frau seit mehr als 60 Jahren, die auf Bundesebene hingerichtet würde. Ihre Hinrichtung ist für den 12. Jänner geplant.

Biden will Todesstrafe auf Bundesebene abschaffen

Nach Angaben des Death Penalty Information Center haben inzwischen 22 der 50 US-Bundesstaaten und der Hauptstadtbezirk Washington die Todesstrafe abgeschafft. In drei weiteren Bundesstaaten gilt ein Moratorium, wonach die Todesstrafe zwar noch verhängt, aber nicht mehr vollstreckt werden kann.

Auf Bundesebene wurde die Todesstrafe zwischen 2003 bis Juli 2020 zwar verhängt, aber nicht vollstreckt. Die Wiederaufnahme der Hinrichtungen hatte zu einem Rechtsstreit bis vor das Oberste Gericht geführt, in dem sich die Trump-Regierung durchsetzte. Biden hat angekündigt, die Todesstrafe auf Bundesebene ganz abschaffen und bei den Bundesstaaten dafür werben zu wollen. Die Höchststrafe solle lebenslange Haft ohne Bewährung sein. (red, APA, 11.12.2020)