Raben hatten schon immer den Ruf, schlau zu sein – und das völlig zu Recht.
Foto: Universität Osnabrück

Rabenvögel sind – neben den Papageien – längst als die intelligentesten Vertreter der Vogelwelt identifiziert. Und trotz ihrer kleinen Körper mit entsprechend kleinem Gehirn können ihre kognitiven Fähigkeiten sogar mit denen der intelligentesten Säugetiere mithalten. Das zeigte einmal mehr ein Versuch, den Kognitionswissenschafter der Universität Osnabrück und der Max-Planck-Gesellschaft durchführten. Dafür ließen diese ihre gefiederten Probanden beim Hütchenspiel antreten.

Das Spiel, bei dem mehrere umgedrehte Behälter hin- und hergeschoben werden, von denen alle bis auf einen leer sind, wurde an Menschenaffen schon fast so oft getestet wie an naiven Touristen. Das Team um Simone Pika vom Institut für Kognitionswissenschaft der Uni Osnabrück passte es nun an Kolkraben an. Die Wissenschafter versteckten also Leckereien in einem Becher, der zwischen anderen Bechern herumgeschoben wurde, und die Raben sollten mit dem Schnabel auf denjenigen zeigen, der Futter enthielt.

In zartem Alter zu kognitiven Höhenflügen

Insgesamt wurden acht Raben im Alter von vier, acht, zwölf und 16 Monaten in neun physischen Aufgabenbereichen (etwa "räumliches Verständnis") und sechs sozialen Aufgabenbereichen (zum Beispiel "Kommunikation") getestet. Es zeigte sich, dass die Raben vergleichbar gute Ergebnisse erzielten wie die zuvor getesteten Schimpansen und Orang-Utans – und das bereits im Alter von nur vier Monaten. Auch danach veränderte sich die Performance über den Testzeitraum nicht mehr viel. Vor allem Tests zum Verstehen von Mengen und Kausalketten sowie das soziale Lernen und die Kommunikation meisterten sie genauso gut wie Schimpansen und Orang-Utans.

Die Erklärung für das frühe Erlangen hoher kognitiver Fähigkeiten sieht Pika in der Sozialisation der Tiere: "Im Alter von vier Monaten sind Rabenkinder schon relativ selbstständig und fangen an, sich für Nichtbrüterverbände zu interessieren." Dabei handle es sich um lockere Schwärme von bis zu mehreren Hundert Tieren. Darin ihren Platz zu finden, sei eine beträchtliche kognitive Herausforderung – und die schlauen Vögel bewältigen sie. (red, 11. 12. 2020)