Demonstrantinnen in grünen Schals, dem Zeichen der Abtreibungsbefürworterinnen, feiern die Entscheidung.

Foto: AFP / Ronaldo Schemidt

Buenos Aires – Mehr als 20 Stunden dauerte die Debatte im Unterhaus des argentinischen Parlaments, dann stimmten die Abgeordneten mit 131 zu 117 Stimmen für ein Gesetz, das Abtreibungen bis zur 14. Schwangerschaftswoche künftig legalisieren soll. Bisher sind Abtreibungen in Argentinien nur im Falle einer Vergewaltigung oder wenn ein ernsthaftes Risiko für die Schwangere besteht erlaubt. Vor dem Kongressgebäude in Buenos Aires harrten in der Nacht von Donnerstag auf Freitag tausende Abtreibungsaktivistinnen in grünen Schals aus, bis die Entscheidung in den frühen Morgenstunden bekanntgegeben wurde.

Gesetz geht in den Senat

Das Gesetz muss nun auch den Senat passieren – ist das der Fall, wäre Argentinien das erst vierte Land im katholisch geprägten Lateinamerika, das Abtreibungen legalisiert. Vor zwei Jahren wurde ein ähnliches Gesetz dort in einer knappen Abstimmung gestoppt.

Noch offen ist die Abstimmung über ein zweites Gesetz, das parallel mit der Legalisierung auf den Weg gebracht wurde. Es sieht vor, dass besonders von Armut oder sozialer Ungleichheit betroffene Frauen, die ihre Schwangerschaft beibehalten möchten, staatliche Unterstützung erhalten sollen. Die Kombination aus beiden Gesetzen soll ermöglichen, dass sich Argentinierinnen künftig keinen gefährlichen, illegalen Abtreibungen mehr unterziehen müssen.

Geschlechtergerechtigkeit als Priorität

Elizabeth Gómez Alcorta, Argentiniens Ministerin für Frauen, Geschlechter und Vielfalt, nannte das Gesetz einen "wichtigen Schritt und die Anerkennung eines Kampfes, den die Frauenbewegung unseres Landes seit Jahren führt". Das Ministerium, das Gómez Alcorta führt, wurde von Argentiniens Präsident Alberto Fernández bei seinem Amtsantritt im Jahr 2019 neu geschaffen.

Fernández hatte Geschlechtergerechtigkeit zu einer Priorität seiner Regierung erklärt und mehrere Initiativen auf den Weg gebracht. So wurde auch eine Quote für Transpersonen eingeführt: Mindestens ein Prozent der Stellen im öffentlichen Sektor muss in Argentinien mit Personen besetzt werden, die transgender sind. Etwa fünfzehn Prozent des nationalen Budgets für 2021 fließen in Projekte, die direkt oder indirekt Geschlechtergerechtigkeit in Argentinien fördern sollen, etwa Projekte zur Gewaltprävention, Arbeitsmarktprogramme oder der Kampf gegen Menschenhandel. (Ricarda Opis, 11.12.2020)