Karl-Friedrich Börne (Jan Josef Liefers) und Kriminalhauptkommissar Frank Thiel (Axel Prahl, li.) landen im neuen "Tatort" bei sommerlichen Ritterspielen. Am Sonntag um 20.15 Uhr in ORF und ARD.

Foto: ORF/ARD/WDR/Thomas Kost

Wer je, etwa auf einer Burg im Sommer, Ritterspiele miterlebt hat, bei denen sich die mit dem Auto Angereisten unter Kienspanbeleuchtung mehr oder weniger bukolischen Genüssen hingaben, weiß: Auf manchen modernen Menschen übt die Geschichte einen starken folkloristischen Reiz aus. In genau ein solches Milieu gerät im neuen Münster-Tatort die Ermittlergruppe um den Gerichtsmediziner Karl-Friedrich Börne (Jan Josef Liefers) und Kriminalhauptkommissar Frank Thiel (Axel Prahl), nachdem im Burggraben des Wasserschlosses Haus Lüdecke ein Ertrunkener in Ritterrüstung gefunden wurde.

Abgehackte Zuckungen

Wie kam Neo-Burgherr Manfred Radtke, ein kriminell vernetzter Ex-Kirmeskönig, in diese Blechpanier? Aus eigener Kraft sicher nicht, schließt Börne aus einem Selbstversuch, der – für Zusehende höchst vergnüglich – in abgehackten Zuckungen zu Michael Jacksons Hit Bad endet. Auch dass sich Radtkes Verwandte durch seinen Tod nicht von ihrem Plan abhalten lassen, das Täuferreich zu Münster – eine reformatorisch-apokalyptische Bewegung in den 1530er-Jahren, die blutig endete – als "The Experience" zu inszenieren, erscheint suspekt. Aber wer genau hatte Interesse an einem Mord an dem alten Mann?

Beim Klären dieser Frage zieht Regisseurin Buket Alakus sämtliche Register notorischer Schnoddrigkeit. Etwa, als eine Verdächtige ihre Anwesenheit im Burggraben mit den Worten "Ich wollte das Käuzchen fotografieren, das nächtens so sehr schreit" rechtfertigt. Oder als Thiel den bekannt arroganten Börne abkanzelt: "Sie können einen von oben herab anschauen, selbst wenn Sie von unten nach oben schauen", sagt er. Kurzweilig und sehenswert. (Irene Brickner, 12.12.2020)