Liveticker: Salzburg vs. LASK ab 17 Uhr

David Alaba setzt Christian Klem ein, der spielt quer – und Gernot Trauner knallt den Ball vom Sechzehner flach ins Eck. Es ist das zweite Tor für Österreich, England gewinnt zum Auftakt der U19-EM trotzdem 3:2. Der 18-jährige Trauner wird später als einziger Österreicher in das Team des Turniers gewählt, seine Kollegen heißen Antoine Griezmann oder Thiago. Die große Zukunft scheint gewiss.

Goal, wie der Brite sagt.
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Nach dem EM-Aus feiert das Mittelfeldtalent am 30. Juli 2010 sein Bundesligadebüt für den LASK. "Er war physisch sehr stark, hatte ein sehr gutes Gespür für Spielsituationen", sagt der damalige Trainer Helmut Kraft: "Gernot war nie überheblich, hat sich seinen Platz erarbeitet und hat viel von seinen Mitspielern aufgesogen." Während der LASK gen Abstieg rauscht, etabliert sich Trauner.

Ungewissheit

Bis er 532 Tage lang keinen Profifußball spielen kann. Eine Hüftverletzung, erzählt Trauner: "Man hat ewig nicht gewusst, woran es eigentlich liegt, es gab viele unterschiedliche Meinungen." Die finale Diagnose kommt nach mehr als einem halben Jahr: Eingerissenes Labrum, der Hüftknochen passt nicht genau in die Hüftpfanne. "Es war eine ziemliche Scheißzeit. Da ist die Karriere wirklich auf der Kippe gestanden."

Bei seiner Rückkehr hat Trauner die U20-WM verpasst, Ried-Manager Stefan Reiter hat ihn trotzdem als "eine der größten Zukunftshoffnungen im österreichischen Fußball" ins Innviertel geholt. Auch in den nächsten Jahren ist Trauner immer wieder verletzt. Wenn nicht, spielt er im Mittelfeld.

Die richtige Position

Für Fans der Bundesliga mag es sich heute so anfühlen, als würde der 28-Jährige seit Urzeiten als Innenverteidiger ackern. "Oliver Glasner hat erkannt, dass die Position sehr gut auf mich passen könnte", sagt Trauner. Das passiert noch bei Ried, nach dem Aufstieg im Sommer 2017 holt Glasner seinen Schützling nach Linz. Trauner bespielt die Mitte der Dreierkette wie kein Zweiter in Österreich. Er räumt ab, baut das Spiel auf, wagt Vorstöße. "Wie er das Spiel liest und Situationen erahnt, ist extrem herausragend", sagt Christian Ramsebner, jahrelang sein Verteidigerkollege.

Bei aller Spielintelligenz – die Szene, die die meisten Fußballfans mit Trauner verbinden, ist eine andere. Flanke Peter Michorl, Kopfball Trauner, Tor! In den ersten acht Profijahren köpfelte der 1,84-Meter-Mann nur ein Goal – seither passiert es fünfmal pro Saison. In der laufenden sind es drei Treffer für den LASK plus Trauners Premierentor im Nationalteam beim 3:0 in Luxemburg. "Grundsätzlich machen wir uns vor dem Spiel aus, welche Räume wir bespielen wollen", sagt Standardspezialist Michorl, der zwölf der 13 Assists lieferte. "Im Endeffekt sind es Intuition und ein bisschen Glück, dass du den Laufweg hast, wo der Ball hinkommt. Die Überzeugung, sich im 1-gegen-1 durchzusetzen, bringt er auch mit", sagt Ramsebner.

Kein Weggefährte würde Gernot Trauner als abgehoben beschreiben. Ausnahmen gibt es nur für Flanken.
Foto: APA/HERBERT P. OCZERET

Spätberufen

Aber warum erst jetzt? "Wir haben uns damals beim LASK zum ersten Mal so richtig professionell mit Standards auseinandergesetzt", sagt Trauner. "Dann sind zwei, drei reingegangen, dann bekommt man das Vertrauen und bekommt Varianten, wo man der Zielspieler ist."

Der spätberufene Goalgetter ist auch abseits des Platzes die zentrale Figur bei den Linzern. "Seit er Kapitän geworden ist, hat er als Persönlichkeit einen Riesenschritt gemacht", sagt Ramsebner. "Er merkt, wenn du wen zum Reden brauchst, er hat da ein super Gespür." Michorl nennt ihn ein "Sprachrohr" und einen "sehr bodenständigen Typ". Letzteres kommt wie das Amen im Gebet, wenn man nach Trauner fragt. Sein erster Profitrainer Kraft sagt: "Gernot ist ein sehr besonderer Mensch, total ausbalanciert."

Zugegeben, in Zeiten des permanenten Erfolgs lässt es sich leicht entspannt sein. Der Frühling 2020 steht als einzige Zäsur im Dauerhoch des LASK: Lockdown, Corona-Training, Absturz von Platz eins auf vier. Das Trainingsthema selbst will Trauner nicht aufwärmen, danach kam eine "fordernde Zeit. Es hat natürlich verschiedenste Meinungen gegeben."

Schlagerspiel

Nachwehen des Frühlingseinbruchs sind bei den Linzern keine zu spüren, vor dem Schlager in Salzburg am Sonntag (17 Uhr) grinst Dominik Thalhammers Team von der Tabellenspitze. "Es gibt keinen Grund, da jetzt in Ekstase zu verfallen", sagte Trauner vergangenes Wochenende mit Blick auf die Tabelle. Ekstase liegt dem Familienmenschen generell fern, Trainer Kraft befürchtete anno 2010 gar, "dass er zu ruhig bleibt. Aber da hat er eine gute Entwicklung gemacht."

Diese Entwicklung geschah komplett in Oberösterreich. Bei Glasners Abschied war ein Wechsel nach Wolfsburg Thema. "Da spielen mehrere Faktoren mit, es hat schlussendlich nicht alles gepasst", sagt Trauner. Seine Frau Judith bekommt dieser Tage ihr drittes Kind. "Meine Familie und ich fühlen uns sehr wohl. Das ist mir wichtiger, als dass ich finanziell vielleicht etwas besser aussteige", sagt der 28-Jährige. Das obligatorische "Sollte es etwas sein, wo ich nicht Nein sagen kann, werde ich mich damit auseinandersetzen" folgt.

Nach den durchwachsenen ersten Profijahren hält sich nun auch der Verletzungsteufel fern. "Ich habe viel über meinen Körper gelernt", sagt Trauner. Ob er manchmal noch an die fast zweijährige Zwangspause denkt? "Das holt man sich ab und zu zurück, wenn man ein Spiel verliert. Dann bin ich froh, dass ich das so ausüben darf." (Martin Schauhuber, 12.12.2020)