Das Thema Fischerei ist ein großer Streitpunkt bei den Brexit-Verhandlungen.

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London – Kurz vor dem wohl entscheidenden Tag im Ringen um einen Brexit-Handelspakt zeichnet sich nach Angaben aus Verhandlungskreisen weiter keine Lösung ab. Die Verhandlungen in Brüssel liefen weiter, blieben aber schwierig, hieß es am Samstagabend von der britischen Seite. Weitere Gespräche, auch am Sonntag, seien wahrscheinlich.

Wie geplant werde erwartet, dass EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen und der britische Premier Boris Johnson dann am Sonntag miteinander sprechen, hieß es. Die britische Position sei unverändert: Jedes Abkommen müsse fair sein und die Prinzipien der Souveränität und der Kontrolle respektieren. Was bisher auf dem Tisch liege, so ließ Johnson am Samstagabend noch einmal mitteilen, sei "inakzeptabel".

Die Marine steht bereit

"Nicht geholfen" hat dabei, wie es EU-Quellen in Agenturen nobel ausdrücken, auch eine neue Drohung der britischen Regierung: Diese hält vier Schiffe der Royal Navy für den Schutz ihrer Gewässer vor EU-Fischkuttern im Fall eines No-Deal-Brexits bereit. Das bestätigte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums in London auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur am Samstag. Die Patrouillenboote der Marine könnten neben anderen Aufgaben dazu eingesetzt werden, um EU-Fischerboote abzuwehren, sagte der Sprecher. Wenn nötig, auch rund um die Uhr.

Das Thema Fischerei ist einer der Knackpunkte bei den stockenden Verhandlungen über einen Brexit-Handelspakt. Bis Ende des Jahres gilt noch eine Übergangsfrist, in der sich britische Fischer und ihre Kollegen aus EU-Staaten den Zugang zu der von Großbritannien beanspruchten 200-Meilen-Zone um seine Küste teilen. London pocht darauf, den Zugang zu den fischreichen Gewässern künftig nach eigenem Ermessen zu regeln.

Die EU besteht auf einer einvernehmlichen Lösung. Doch die ist nicht in Sicht. Bis Sonntag haben sich beide Seiten Zeit gegeben, um Fortschritte bei den Verhandlungen zu erzielen. Die Europäische Kommission hatte kürzlich vorgeschlagen, die bisherige Regelung im Fall eines Scheiterns der Gespräche vorerst beizubehalten. Die Ankündigung Londons, die Königliche Marine auf den Plan zu rufen, dürfte eine eindeutige Absage an diesen Vorschlag sein.

Johnson prüft Stand der Vorbereitungen

Der britische Premierminister Boris Johnson hat sich einem Medienbericht zufolge ein Bild von den Vorbereitungen des Königreiches auf einen No-Deal-Brexit gemacht. An dem Treffen am Freitag habe unter anderem auch Chefunterhändler Michael Gove teilgenommen.

Dies berichtete der Sender BBC in der Nacht auf Samstag. Zuvor hatten sich beide Seiten, also die EU und Großbritannien pessimistisch gezeigt, dass es nach monatelangen Verhandlungen noch zu einer Einigung kommen wird. Die Frist dafür läuft am Sonntagabend aus.

Großbritannien hat die EU bereits Anfang des Jahres verlassen. Bis Ende des Jahres gilt aber noch eine Übergangsfrist, während der fast alles beim Alten bleibt. Sollte bis dahin kein Handelspakt vereinbart sein, drohen hohe Zölle und andere Handelshemmnisse. Wichtigster Streitpunkt ist neben der Fischerei die Frage der fairen Wettbewerbsbedingungen. Beide Seiten haben sich bis Sonntag Zeit gegeben, um eine Einigung zu finden. (APA, red, 12.12.2020)