Gibt es viele Skeptiker, steigen die Chancen für den Rest, rasch an die Impfung zu gelangen.

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Dass Österreich die Corona-Pandemie trotz aller Anstrengungen nicht und nicht in den Griff bekommt und die Zahl der Toten täglich steigt, hat auch mit den vielen Corona-Skeptikern zu tun, die sich weder an empfohlene noch an verpflichtende Maßnahmen halten. Auch beim spärlichen Zulauf zu den Massentests zeigt sich, wie gering die Bereitschaft in der Bevölkerung ist, persönliches Handeln am Interesse der Gemeinschaft auszurichten.

Das lässt für die Impfung gegen Covid-19, die im Jänner anlaufen soll, nichts Gutes ahnen. Trotz hoher Verträglichkeit der Impfstoffe zeigen die Umfragen, dass bestenfalls die Hälfte bereit ist, sich impfen zu lassen, und auch in dieser Gruppe wollen viele abwarten.

Dass Österreich ein Land der Impfmuffel ist, hat sich schon bei der Grippeimpfung in früheren Jahren gezeigt. Aber anders als das oft so unverantwortliche Verhalten im Corona-Jahr 2020 ist Impfskepsis im Jahr 2021 kein gesellschaftliches Problem, das der Staat mit Mitteln wie etwa finanziellen Anreizen oder gar einer Impfpflicht lösen muss.

Normales Leben im Sommer

Vor allem in der Anfangszeit ist ein schwacher Andrang zu Impfungen sogar von Vorteil. Denn zunächst werden zu wenig Dosen für alle vorhanden sein. Gibt es viele Skeptiker, steigen die Chancen für den Rest, rasch an die Impfung zu gelangen – und nicht bis zum Sommer warten zu müssen, um wieder ein normales Leben führen zu können.

Beim Gesundheitspersonal und anderen exponierten Berufsgruppen wie Polizisten wird es wohl nur wenig Widerstand gegen eine frühe Impfung geben. Schließlich sind diese selbst am stärksten gefährdet.

Aber läuft Österreich bei einer zu geringen Durchimpfungsrate nicht Gefahr, die vielzitierte Herdenimmunität zu verfehlen? Auch damit könnte die Gesellschaft leben. Sobald jeder, der geimpft werden will, geimpft werden kann, wird die Covid-Impfung zu einer individuellen Entscheidung, vergleichbar mit der Grippeimpfung. Es gibt nach derzeitigem Wissensstand kaum eine Bevölkerungsgruppe, deren Gesundheit durch Covid-19 gefährdet ist, die aber keinen Impfschutz erhalten kann, wie etwa Kleinkinder im Fall von Masern.

Natürlich wäre es besser, wenn es weniger Infizierte und kaum noch Erkrankte gibt. Aber das muss der Staat nicht verordnen, genauso wie er Rauchen oder Extremsportarten nicht verbietet. Vorausgesetzt, dass Geimpfte tatsächlich niemanden mehr anstecken können, würde eine Durchimpfung aller Impfwilligen die gesetzlichen Corona-Maßnahmen großteils verzichtbar machen.

Vertretbare Ungleichbehandlung

Dennoch könnten Ungeimpfte weiterhin Einschränkungen ausgesetzt sein. Man kann davon ausgehen, dass manche Staaten nur nach einer Immunisierung die Einreise erlauben werden. Vielleicht werden Hotels von ihren Gästen eine Impfbestätigung verlangen, vielleicht auch Unternehmen von gewissen Mitarbeitern. Diese Art der Ungleichbehandlung wird zwar laute Proteste hervorrufen, aber sollte in vertretbaren Fällen erlaubt sein.

Auch ohne volle Herdenimmunität dürfte mit der Impfung die Zahl der Infektionen und damit auch die Belastung der Spitäler sinken. Dass davon auch die Impfmuffel profitieren, ist kein Malheur. Statt die Verweigerer zu bedrängen, soll der Staat lieber dafür sorgen, dass möglichst rasch genügend Impfstoff für alle anderen zur Verfügung steht. Das ist derzeit die größte Herausforderung. (Eric Frey, 14.12.2020)