Die EU-Kommission ist Impulsgeber Nummer eins. Die Analysten von FASresearch haben den Studienteilnehmern folgende Frage gestellt: "Wer liefert aktuell in Europa, und insbesondere im deutschsprachigen Raum, wichtige Ideen und Impulse zu den großen Herausforderungen unserer Zeit?"

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Wien – Die Politik will gut beraten sein, gerade in Zeiten von Corona-Pandemie und Klimawandel. Aber ob Thinktanks, Lobbys, Aktivistengruppen – auf wessen Impulse verlassen sich Politiker und Spitzenbeamte in Europa am liebsten? Die Netzwerkforscher von FAS Research und die ÖVP-nahe Julius-Raab-Stiftung sind der Frage nachgegangen und haben dafür 55 Vertreter unter anderem aus Politik, Forschung, Interessenvertretungen dazu befragt, wer die wichtigsten Impulsgeber in Europa sind. Und sie haben aus hunderttausenden Zeitungsartikeln und Tweets die medialen Reichweiten der Impulsgeber herausgearbeitet.

An erster Stelle im Ranking, das die Ergebnisse aus den Interviews und der Medienanalyse kombiniert, steht die Europäische Kommission. Aber auch Aktivistengruppen wie Fridays for Future und der World Wide Fund for Nature (WWF) gehören laut Studie zu den zehn wichtigsten Impulsgebern Europas – wobei der WWF besonders durch mediale Reichweite hervorsticht. Gut schneiden im Ranking auch Thinktanks wie Bruegel oder die Bertelsmann-Stiftung ab. Überhaupt schrieben die Befragten dem Brüsseler Thinktank Bruegel von allen Ideengebern die höchste Reputation zu.

Das jährliche Weltwirtschaftsforum in Davos ist laut der neuen Studie von Julius-Raab-Stiftung und FASresearch der zweitwichtigste Impulsgeber in Europa. Ursula von der Leyen steht an der Spitze der EU-Kommission – und damit des wichtigsten Impulsgeber Europas.
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Impulse aus Österreich

Zwar scheint keine österreichische Institution unter den zehn wichtigsten Ideengebern Europas auf. Gut die Hälfte der Befragten ist aber in Österreich tätig. Wenn die Studie dadurch zumindest mit Blick auf die mittleren bis hinteren Ränge einen Österreich-Bias hat, zeigt sie auch, welchen Einrichtungen hierzulande Impulse für die aktuellen Herausforderungen zugetraut werden. Nämlich nicht Thinktanks, sondern zuvorderst den Sozialpartnern – besonders Arbeiterkammer (AK) und Wirtschaftskammer (WKO) –, die als wichtige Impulsgeber eingeschätzt werden. Unter den heimischen Forschungseinrichtungen stechen das Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) und das Institut für Höhere Studien (IHS) heraus. Auch das Europäische Forum Alpbach gehört laut Studie zu den wichtigsten Ideengebern Österreichs.

Unter den heimischen Thinktanks sticht die wirtschaftsliberale Agenda Austria heraus. Wobei auch das gewerkschaftsnahe Momentum-Institut nicht ganz ungehört bleibt. Es wurde wohlgemerkt erst im vergangenen Jahr gegründet.

Die Studienautoren stellten den Teilnehmern auch die Frage, was die größten aktuellen Herausforderungen für die EU sind. Als wichtigste Baustelle identifizierten sie dabei, eine Vision für die Zukunft Europas zu entwickeln – gefolgt von der Umsetzung des Green Deals in Richtung einer nachhaltigeren Wirtschaft. Auch müsse die EU krisenfester werden.

Kurzfristige Politik

Weniger wichtig ist laut Studienteilnehmern die Regulierung des Tech-Sektors sowie der Ausbau digitaler Infrastrukturen (landete an der siebenten Stelle) – wichtiger waren den Befragten Natur- und Umweltschutz, ökosoziale Marktwirtschaft und die Bewältigung der aktuellen Krise. Im Weg steht diesen Zielen die Kurzfristigkeit der Politik. Strategische Schritte würden oft nicht gemacht, weil sie sich kurzfristig nicht auszahlen.

Studienautor Harald Katzmair, Gründer und Direktor von FAS Research sagte bei der Präsentation der Studienergebnisse, dass es bei der Studie auch darum gegangen sei, die vielen Impulsgeber in Europa – und besonders im deutschsprachigen Raum – hervorzuheben und möglichst auch miteinander zu vernetzen. Gerade in unkonventionellen Allianzen stecke ganz viel kreatives Potenzial. Damit man solche Kooperationen eingehen kann, muss man sich erst kennenlernen. (luis, 14.12.2020)