Während eines beruflichen Telefonats Mittagessen kochen fürs Kind: Die Situation für Eltern hat sich im zweiten Lockdown verschärft. Viele verlagern die Berufstätigkeit in die Randstunden, arbeiten also dann, wenn das Kind schläft.

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Dass Homeoffice und Kinderbetreuung nur schwer vereinbar sind und nicht alle die Möglichkeiten zur Arbeit zu Hause haben, hat sich im Krisenjahr schon herumgesprochen. Umso mehr sind Eltern bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie nach wie vor mit erschwerten Bedingungen konfrontiert. Die Situation hat sich im zweiten Lockdown für Familien sogar weiter zugespitzt, wie eine Umfrage von Sora im Auftrag des Momentum-Instituts ergeben hat.

685 Eltern von Kindern bis 14 Jahren wurden dafür während des zweiten Lockdowns zwischen 19. und 27. November befragt und die Daten mit einer Umfrage aus dem Frühjahr verglichen. Während im ersten Lockdown 46 Prozent der Familien angaben, stark belastet zu sein, sind es jetzt, nach dem zweiten Lockdown, 58 Prozent.

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Befragt wurden berufstätige Eltern danach, wie sie den zweiten Lockdown erlebt haben. Im Vergleich zum Frühjahr waren demnach mit zehn Prozent nur noch halb so viele Eltern in Kurzarbeit. Auch die Möglichkeit für Homeoffice hat abgenommen. Hatten im ersten Lockdown noch 45 Prozent zu Hause gearbeitet, waren es im zweiten nur noch 28 Prozent. Vor allem Höherverdiener hätten diese Möglichkeit nach wie vor, so Paul Ringler von Sora.

Frauen haben ihre Arbeitszeit stärker reduziert, auch im zweiten Lockdown. So arbeiteten Frauen Ende November und Anfang Dezember um zehn Prozent, Männer um sieben Prozent weniger. 70 Prozent haben die Arbeitszeiten, die sie vor der Krise hatten.

Probleme gab es bei der Kompromissfreudigkeit der Arbeitgeber. Ein Viertel der sich der Arbeiterschicht zurechnenden Befragten durfte sich nicht aufgrund von Kinderbetreuungspflichten freinehmen, bei Höherverdienern gab es diesbezüglich kaum Probleme.

Arbeitswelt normalisiert sich, Betreuung nicht

Barbara Blaha, Leiterin des Momentum-Instituts, spricht von einer Normalisierung der Arbeitswelt – mehr Arbeitsstunden, weniger Homeoffice –, die nicht von einer Normalisierung der Kinderbetreuung begleitet gewesen sei.

Belegbar ist das etwa durch folgende Zahlen: Vor der Krise waren 63 Prozent der Kinder in Fremdbetreuung (Kindergarten oder Schule), auch Großeltern waren regelmäßig (bei 29 Prozent) involviert. Im zweiten Lockdown besuchten nur 33 Prozent der Kinder die Schule oder den Kindergarten, obwohl die Einrichtungen für Betreuung offen hatten. Die Großeltern wurden nur in 14 Prozent der Familien in die Betreuung eingebunden.

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Ergeben hat die Befragung auch, dass Mütter im zweiten Lockdown stärker in Randzeiten arbeiteten. "Jede dritte befragte Frau arbeitete frühmorgens oder abends, jede zehnte sogar in der Nacht, um trotz Kinderbetreuung Zeit für Erwerbsarbeit zu finden", so Blaha.

Ersparnisse werden aufgebraucht

Prekär wird zunehmend auch die finanzielle Belastung in Familien. Die Hälfte der befragten Eltern haben weniger Einkünfte als in den Jahren zuvor. Die ökonomischen Auswirkungen der Krise sind jedoch nicht gleich verteilt, rund die Hälfte der Familien beklagten Einkommensverluste, vor allem die Einkommensschwächsten. "Fast sieben von zehn Haushalten mit unter 2.000 Euro Nettoeinkommen berichten von Einkommensverlusten, sechs von zehn mussten Ausgaben einschränken oder auf Ersparnisse zurückgreifen. Nur ein Drittel hat überhaupt noch Ersparnisse, was gerade ärmere Familien in brenzlige Situationen bringt", so Blaha.

Mit den Vorbereitungen des Bildungssystems auf die zweite Welle sind Österreichs Eltern nicht zufrieden: 60 Prozent sind der Meinung, die Bundesregierung habe die Schulen und Kindergärten nicht ausreichend auf die weiter fortschreitende Pandemie vorbereitet.

Erhöhung der Familienbeihilfe

Das Momentum-Institut empfiehlt mehrere Maßnahmen, um die Situation der Familien zu verbessern. Eine höhere Familienbeihilfe oder der Verzicht auf Elternbeiträge in Schulen, Kindergärten und Horten könnten gerade einkommensschwache Familien entlasten. Zudem sollte das Arbeitslosengeld von 55 auf 70 Prozent erhöht werden. (Rosa Winkler-Hermaden, 14.12.2020)