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Stürmer Hans Krankl und Trainer Otto Barić herzen einander im Jahr 1985 im Weststadion.

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Hans Krankl hat am Sonntagabend im TV-Studio von Sky während der Analyse des Bundesliga-Spieltags vom Tod des Otto Barić (88) erfahren. Er weinte vor laufender Kamera. In den 80er-Jahren feierten sie bei Rapid gemeinsam große Erfolge. Zwei Meistertitel, 1985 Einzug ins Finale des Europacups der Cupsieger. Der 67-jährige "Goleador" erinnert sich.

STANDARD: Was hat Otto Barić für Sie bedeutet?

Krankl: Er war einer der besten Trainer, die ich in meiner ganzen Karriere gehabt habe. Er zählte sicher zu den top drei. Leopold Stastny und Erich Hof waren auch großartig. Als Motivator war Barić überragend.

STANDARD: Erinnern Sie sich an die erste Begegnung?

Krankl: Eigentlich nicht. Ich weiß nur, er war damals Trainer von Sturm Graz, und wir haben mit Rapid in der letzten Runde gewonnen und ihm die Meisterschaft vermasselt. Ein paar Monate später ist er dann überraschend bei uns in Hütteldorf aufgetaucht.

STANDARD: Wie hat er sich vorgestellt?

Krankl: Auf Kroatisch-Deutsch, einer Sprache, die wir alle so geliebt haben. Er hat für den Fußball gelebt, hat alles gewusst. Ein Topmann.

STANDARD: Hat er wirklich in jedem zweiten Satz "maximal" gesagt?

Krankl: Nein, das ist übertrieben. Ich habe auch einmal in der Erregung "irreregulär" gesagt, das hängt einem dann nach. Aber er hat "maximal" oft verwendet. "Schauen Sie", hat er dauernd gesagt, "schauen Sie diese Mannschaft, da muss man maximal sein." Sein Kauderwelsch war wunderbar, wir haben ihn bei Rapid nachgemacht. Am besten war der Gröss Hans. Dem ist Barić ein paarmal draufgekommen. Bumm, dann ist er laut geworden, und der Gröss hat zwei Partien nicht gespielt. Wir haben viel gelacht. Barić war ein lustiger Mensch, hat Schmähs mitgemacht. Er konnte aber auch ernst sein.

"Am besten war der Gröss Hans", sagt Hans Krankl. Und er hat recht.
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STANDARD: Ein schönes Zitat von ihm lautet: "Diese Spieler, was können nicht, können nicht deshalb nicht, weil sie nicht wollen." Können Sie das übersetzen?

Krankl: Schwierig. Spieler, die nix können, wollen nix. Oder so ähnlich. Wir haben ihn trotzdem immer verstanden.

STANDARD: Wie ging er mit Niederlagen um?

Krankl: Wenn wir verloren haben, war er an dem Tag nicht gut drauf. Er hat sich mit jedem angelegt. Er war Rapid, hat überall Feinde gesehen, hat gegen alle gekämpft. Gegen die Schiedsrichter, die gegnerischen Trainer, die gegnerischen Spieler. Er hat alles für den Erfolg getan. Er war kein junger Trainer. Die Analyse hat dann am Montag stattgefunden. In einer anderen Form, da war er nicht mehr aufgebracht, sondern ruhig und sachlich.

STANDARD: War er eitel?

Krankl: Ja. Ich sehe das nicht negativ, sondern von der lustigen Seite. Er war auf seinen Körper bedacht, wollte immer fesch sein. Das hat er auch kundgetan. "Schauen Sie, Hans, ich bin 60 und habe eine maximal tolle Figur."

STANDARD: Ihre letzte Begegnung?

Krankl: Das ist fünf Jahre her bei einer Talkshow in Salzburg. Der Heri Weber war auch dabei, es wurde über alte Zeiten und Mythen gesprochen. Es hat ja geheißen, dass es zwischen Weber und mir gepascht hat. Das stimmte nicht, wir haben uns verstanden und nur über andere gestritten. Barić hatte diese Reibung zum Wohle der Mannschaft genützt. Ein kluger Schachzug.

STANDARD: Sie wurden 2002 nach ihm ÖFB-Teamchef. Gab es davor ein Gespräch?

Krankl: Nein. Es war alles zerrüttet, es gab praktisch kein Nationalteam.

STANDARD: War Barić ein glücklicher Mensch?

Krankl: Ja, sehr.

STANDARD: Er war weltberühmt in Österreich und in Kroatien. Was hat ihm zur großen internationalen Karriere gefehlt?

Krankl: Der richtige Verein im richtigen Moment. Er wurde in Kroatien auch nicht so sehr geschätzt wie in Österreich. Der Prophet zählt im eigenen Land oft nicht.

STANDARD: Es ist eine traurige Zeit. Erst Diego Maradona, dann Paolo Rossi, jetzt Barić . Er ist an Corona gestorben. Macht das für Sie einen Unterschied?

Krankl: Nein. Ich habe Maradona und Rossi zwar persönlich gekannt, sie waren aber keine Freunde. Der Tod von Otto Barić ist etwas Persönliches, wir haben lange zusammengearbeitet. Mir ist wurscht, ob Corona oder nicht, es ist traurig, wenn ein Mensch stirbt. Maradona und Rossi sind lange vor ihrer Zeit von uns gegangen. Der Otto war fast 90, das ist ein kleiner Trost. Vielleicht hätte er noch ein paar schöne Jahre gehabt. Aber das depperte Virus hat es verhindert. (Christian Hackl, 14.12.2020)