Ein Maskenobjekt von Iman Issa aus ihrer Serie "Surrogates".

Foto: Günter Kresser

Der Wandtext beschreibt eine Säule aus dem antiken Samarra, tatsächlich liegt einem ein kupferfarbenes Objekt zu Füßen, das auch ein überdimensionales Projektil sein könnte. Ein mit geschwungenen Holzelementen gefiedertes Dreibein aus Metall wird wiederum als Statue des altägyptischen Pharaos Ahmose aus dem 16. Jahrhundert vor Christus ausgewiesen. Wie geht das zusammen? Diese Frage ist im Werk von Iman Issa Programm.

Heritage Studies ist eine 2015 begonnene, fortlaufende Serie an Skulpturen betitelt, deren vordergründiger Reiz in ihrer eleganten minimalistischen Ästhetik liegt. Die Irritation fängt an, wenn die ägyptisch-amerikanische Künstlerin, die zuletzt Monica Bonvicini als Professorin für performative Bildhauerei an der Akademie der bildenden Künste nachgefolgt ist, ihre Skulpturen und Objekte historischen Artefakten aus Museen zuordnet: Zwischen Vorstellung und vorhandener Form tut sich eine Lücke auf.

Narrative des Kulturerbes

Sie ist auch als Verweis darauf gedacht, wie sehr der vermeintlich neutrale Blick auf das, was wir als unser kulturelles Erbe bezeichnen, letztlich eben doch von Erklärungsmustern und Narrativen der Gegenwart geprägt ist.

Proxies, with a Life of Their Own ist die aktuelle Schau im Innsbrucker Taxispalais betitelt, sie ist Iman Issas erste umfassende Einzelausstellung in Österreich. Und bietet mit The Revolutionary aus dem Jahr 2010 eine griffige Einführung in die komplexe und mitunter recht herausfordernde Ideenwelt der Künstlerin. Für die gleich eingangs platzierte Soundinstallation ließ die Künstlerin ein Computerprogramm einen von ihr geschriebenen Text über einen Revolutionär einlesen. Sie entpuppt sich als fiktive, aus Versatzstücken gebaute Biografie, die mit den tradierten Vorstellungen über eine solche Person spielt.

Politischer Kontext

Man ertappt sich allerdings nicht nur hier beim Versuch, etwas zu enträtseln, das nicht zu enträtseln ist. In der Serie Lexicon zeigt Issa skulpturale oder filmische "Remakes" von Gemälden, die sie in zugehörigen Texttafeln sorgfältig beschreibt, jedoch ohne das Werk selbst zu nennen. Nur einzelne Begriffe aus den Originaltiteln geben zarte Hinweise – letztlich aber eher auf den politischen Kontext, der in den Arbeiten der Künstlerin eine zentrale Rolle spielt.

Man sieht etwa Bilder von Nayirah as-Sabah, deren Aussage vor dem US-Kongress 1990 als Legitimation für die Invasion in den Irak diente, später aber als sogenannte Brutkastenlüge widerlegt wurde. Oder auch Issas 2007 entstandenen Vorschlag für ein Kriegsdenkmal für den Irak, er ist auch vor dem Hintergrund heutiger Debatten über den Umgang mit Denkmälern sehenswert. (Ivona Jelcic, 15.12.2020)