Die Regelungen für Uploads richten sich vor allem an große, kommerzielle Plattformen.

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Was bekommen Künstler, Autoren und Medienunternehmen, wenn große Onlineplattformen wie Google oder Facebook mit ihren Inhalten großes Geld machen – vielfach mehr als klassische Medienunternehmen? Und: Was dürfen Userinnen und User bei solchen Onlineplattformen hochladen? Diese Fragen muss Österreich bis Mitte 2021 regeln – gemäß den 2019 beschlossenen EU-Vorgaben.

Google/Youtube und Facebook/Instagram/Whatsapp haben längst die weltgrößten Werbeumsätze. In den USA soll Digitalwerbung 2021 erstmals mehr Geld einspielen als alle übrigen Mediengattungen, prognostiziert der Mediaagenturriese Group M (Grafik). In Österreich gehen nach STANDARD-Berechnungen rund 40 Prozent des Nettowerbevolumens an globale Digitalriesen.

Grafik: STANDARD

Erste Entwürfe

Das österreichische Justizministerium hat vor einer Woche Arbeitsentwürfe für das künftige Leistungsschutzrecht und das Hochladen – in der Debatte vor allem mit dem aufregenden Begriff "Uploadfilter" versehen – an Branchenverbände, Experten und öffentliche Stellen versandt. Dem STANDARD liegen diese ersten Entwürfe für die Urheberrechtsnovelle 2021 vor, die noch nicht koalitionsintern mit der ÖVP abgestimmt sind und auch noch in eine reguläre Begutachtung gehen sollen.

Positiv kommentierten Künstlerorganisationen die Entwürfe, eher irritiert wirkte eine Plattform der Kommunikationswirtschaft, in der Branchen-Verwertungsgesellschaften, ORF, Produzenten, private Medienhäuser organisiert sind. Tenor der Wirtschaftsorganisationen: Das Justizministerium gehe weit über die Richtlinie hinaus, "Überregulierung" drohe da, im internationalen Fachjargon "Gold-Plating" zugunsten von Urhebern.

Kritik der Kommunikationswirtschaft

"Wir sehen die vorgelegten Vorschläge jedenfalls kritisch, denn sie würden das Gleichgewicht zwischen den Urhebern auf der einen Seite und den Produzenten und den Rundfunkveranstaltern auf der anderen Seite deutlich verschieben, was schlussendlich auf Kosten von Produktionen in Österreich und damit zulasten der gesamten Kreativwirtschaft gehen würde", erklärt etwa Corinna Drumm vom Privatsenderverband dazu auf STANDARD-Anfrage.

Franz Medwenitsch, Geschäftsführer des Verbands der österreichischen Musikwirtschaft, zeigt sich im Gespräch mit dem STANDARD irritiert über "das massive Gold-Plating und den nationalen Alleingang" des Justizministeriums "statt bei einem globalen Thema den Rechtsrahmen zu harmonisieren". Primäres Ziel der EU-Richtlinie sei der Abschluss von Lizenzvereinbarungen zwischen Medien oder Produzenten und den Plattformen. Von einem nationalen Direktvergütungsanspruch der Verwertungsgesellschaften gegenüber den Plattformen stehe nichts in der Richtlinie. "Rechteinhaber können sich immer freiwillig von Verwertungsgesellschaften vertreten lassen, aber der Entwurf des Justizministerium will dazu zwingen und das lehnen wir ab."

Der im österreichischen Entwurf vorgeschlagene Anspruch der Verwertungsgesellschaften solle ungeachtet von Lizenzvereinbarungen mit und ungeachtet von Lizenzzahlungen durch die Plattformen gelten. "Die Plattformen werden nicht doppelt zahlen. Bei den nächsten Lizenzverhandlungen kann man damit rechnen, dass sie Vergütungen für Verwertungsgesellschaften von den Lizenzpreisen abziehen wollen." Medwenitsch: "Damit spaltet man ohne Not einen Markt, der sich gerade erst zu entwickeln beginnt."

Geladene Debatte, filterlos

Was sehen die Entwürfe in Sachen Uploads vor? Die Regelungen für Uploads richten sich vor allem an große, kommerzielle Plattformen (für Start-ups gibt es in den ersten drei Jahren unter zehn Millionen Euro Umsatz und unter fünf Millionen Usern einfachere Regeln). Sie müssen ihre User beim Hochladen auf Rechtefragen hinweisen. Sie müssen die Nutzungsrechte sicherstellen, die dann auch für ihre (nichtkommerziellen) Userinnen und User gelten. Einigen sich Plattformen nicht mit Verwertungsgesellschaften, gibt es ein Schlichtungsverfahren. Auch wenn Urheber Rechte etwa an TV-Sender vergeben haben, brauchen große Plattformen eigene Rechte für die Verbreitung dieser Inhalte.

Plattformen müssen nachweisen können, dass sie "alle Anstrengungen unternommen haben", um die Nutzungserlaubnis einzuholen; dass sie nach "hohen branchenüblichen Standards für die berufliche Sorgfalt" sicherzustellen versuchten, nichts ohne die Rechte zugänglich zu machen. Und sie müssen Inhalte "unverzüglich" sperren, wenn sie ein Rechteinhaber auf einen Verstoß begründet hinweist.

Aber: All das darf laut Entwurf nicht dazu führen, dass Plattformen Uploads ohne Rechteverletzungen sperren. Sie müssen Usern und Organisationen von Usern auf Anfrage Sperren erklären. Und sie müssen "zügige" Beschwerdeverfahren gegen (unberechtigte) Sperren vorsehen. Sonst schlägt der Entwurf entweder bis zu eine Million Euro Verwaltungsstrafe vor oder Auflagen über ein Kartellgericht.

Von Sperren ausgenommen ist die – deklarierte – "Nutzung zu Zwecken der Karikatur, der Parodie, des Pastiches, der Kritik oder der Rezension", "wenn dies für den Anbieter einer großen Online-Plattform offenkundig ist".

Erlaubt ist auch die nichtkommerzielle Nutzung kurzer Ausschnitte, die das Gesetz mit bis 20 Sekunden, 1000 Zeichen und 250 Kilobyte definiert.

Leistungsschutz

Der Entwurf schreibt grundsätzlich vor, dass die Nutzung von "Presse"-Inhalten (ob gedruckten oder digitalen) durch große Plattformen über Verwertungsgesellschaften auszuverhandeln ist. Private und nichtkommerzielle Nutzung sind ausgenommen, ebenso Hyperlinks und "sehr kurze" Auszüge.

Gerald Grünberger, Geschäftsführer des Zeitungsverbands VÖZ, begrüßt die Grundlinie des Entwurfs. Aber: In Frankreich etwa habe es der Kartellbehörden bedurft, damit Google Verhandlungen über Verwertungsrechte aufnahm. Australien versucht derzeit Abgeltungen von Google, Facebook und Co für Medienhäuser über das Kartellrecht und nicht über das Urheberrecht durchzusetzen. DER STANDARD ersuchte Google um Stellungnahme zu den Entwürfen, bisher ohne Ergebnis.

Rechte von Urhebern, Rechte von Medien

Der Entwurf betont auch beim Leistungsschutz die Rechte der Urheber, von Autorinnen und Autoren gegenüber Medienhäusern: Das Verwertungsrecht von Verlagsunternehmen "kann nicht zum Nachteil des Urhebers oder eines Leistungsschutzberechtigten geltend gemacht werden, dessen Werk oder anderer Schutzgegenstand in der Presseveröffentlichung enthalten ist. Es lässt das Recht des Urhebers oder Leistungsschutzberechtigten unberührt, sein Werk oder seinen Schutzgegenstand unabhängig von der Presseveröffentlichung zu verwerten". Verlage könnten nicht "die Nutzung durch andere berechtigte Nutzer untersagen".

Und der Entwurf sieht vor: "Das Recht des Herstellers einer Presseveröffentlichung erlischt zwei Jahre nach der Veröffentlichung der Presseveröffentlichung." Für VÖZ-Geschäftsführer Grünberger ist das "nicht nachvollziehbar": Journalistinnen und Journalisten seien über die Verwertungsgesellschaften an den Erlösen beteiligt. Ihr Kollektivvertrag gelte zudem diese Rechtenutzung durch Medienunternehmen ab. Und die "Monetarisierung" von Archiven werde damit be- oder verhindert.

"Möglichst ausgeglichenes Gesetz"

Julian Ausserhofer, Pressesprecher von Justizministerin Alma Zadić, erklärt die vorige Woche ausgeschickten Vorentwürfe auf STANDARD-Anfrage so: "Um ein möglichst ausgeglichenes Gesetz zu entwickeln, binden wir von Beginn an Expert*innen und Betroffene ein." Es handle sich noch um eher informelle Vorentwürfe, um die zwei bis Juni 2021 umzusetzenden Richtlinien der EU zum Urheberrecht umzusetzen. Ausserhofer: "Dieses schriftliche Verfahren ersetzt textbasierte Beratungen in größeren Foren, die aufgrund der Corona-Krise nicht mehr abgehalten werden sollten. In der Arbeitsgruppe sind zahlreiche Expert*innen und Betroffene vertreten."

Bis 28. Dezember sollen die Interessenorganisationen und Experten zu den Arbeitsgruppenentwürfen Stellung nehmen. "Auf Grundlage der Rückmeldungen wird dann in weiterer Folge ein Begutachtungsentwurf erarbeitet, der dann das normale weitere Gesetzgebungsprozedere durchläuft", erklärt Ausserhofer. (Harald Fidler, 15.12.2020)