Seit es Leben gibt, durchlitt die Erde zahlreiche ökologische Krisen mit globalen Folgen. Eine neue Studie fand nun erneut ein zeitliches Muster.
Illustr.: imago images/StockTrek Images/Mark Stevenson

Die meisten der fünf großen Massenaussterben der letzten 500 Millionen Jahre haben mit Störungen im Kohlenstoffkreislauf der Erde zu tun – bei vielen sind sie die Hauptursache. Auch zahllose der weniger radikalen Umwälzungen in der belebten Natur passierten, weil sich der Kohlenstoff zwischen Atmosphäre, Hydrosphäre, Lithosphäre und Biosphäre relativ plötzlich umverteilte. Indirekt ist damit fast immer auch ein abrupter globaler Klimawechsel für das massenhafte Verschwinden von Tier- und Pflanzenarten verantwortlich.

Beim größten bekannten Massenaussterben unter den Vielzellern vor 252 Millionen Jahren dürfte etwa eine vulkanische Großprovinz im heutigen Sibirien den Anstoß gegeben haben. Die gewaltigen Kohlendioxidmengen, die der sogenannte Sibirische Trapp über Jahrtausende hinweg ausstieß, brachten das globale Klimagleichgewicht schließlich aus dem Lot. Bei der weltweiten ökologischen Krise an der Perm-Trias-Grenze verschwanden binnen geologisch kurzer Zeitspannen 75 Prozent der damaligen Landtiere und annähernd 95 Prozent der Meeresbewohner. Alles deutet darauf hin, dass unser Planet inzwischen bereits mitten in der sechsten Massenaussterbewelle steckt, ausgelöst vom Menschen und seinem kurzen, aber dafür umso folgenschwereren Einfluss auf das weltweite Klimasystem.

Alle rund 30 Millionen Jahre?

Asteroideneinschläge und ihre Folgen sorgten ebenfalls immer wieder für das plötzliche Wegbrechen ganzer Äste am Stammbaum des Lebens. Vor 66 Millionen Jahren fielen einem solchen Treffer aus dem All beispielsweise 70 Prozent aller Landtiere zum Opfer, darunter auch alle Nicht-Vogel-Dinosaurier. Ob das Auftreten all dieser ökologischen Krisen vielleicht einem zeitlichen Muster folgt, hat schon viele Wissenschafter beschäftigt. Tatsächlich lieferten einige Arbeiten in der Vergangenheit Argumente dafür, dass Massenaussterbe-Ereignisse mit einer gewissen Regelmäßigkeit alle 26 bis 30 Millionen Jahre auftreten. Betroffen sollen davon vor allem marine Organismen gewesen sein.

Marine Aussterbeereignisse im Verlauf der vergangenen 542 Millionen Jahre.
Grafik: Smith609

Damit stellte sich natürlich die Frage, welcher Taktgeber über derart große Zeiträume hinweg wirken könnte? Auf der Suche nach Antworten wandten viele Forscher ihren Blick zum Himmel: Sie vermuteten astronomische Ursachen dahinter. Bei einem dieser Szenarien sorgt etwa ein hypothetischer massereicher Begleiter der Sonne für gravitatives Gerüttel im Sonnensystem, was regelmäßige Asteroidenschauer in Richtung innere Planeten losschicken würde. Sowohl Astronomen als auch Geologen haben in den letzten Jahren jedoch fundierte Einwände gegen die sogenannte Nemesis-Hypothese erhoben und überhaupt die Existenz von zyklischen Massenaussterben und Asteroiden- oder Kometeneinschlägen bezweifelt. Belastbare Belege dafür seien jedenfalls kaum vorhanden.

Neue Hinweise

Tot ist die Theorie von den periodisch auftretenden globalen Ökokatastrophen freilich nicht, zuletzt gewann sie sogar neue Kraft: 2018 wies eine "Science-Advances"-Studie Fluktuationen beim Kohlenstoffzyklus der ozeanischen Erdkruste und bei den atmosphärischen Kohlenstoffkreisläufen mit einer Periodizität von etwa 26 Millionen Jahren nach. Nun konnte eine Gruppe von Forschern um Michael Rampino (New York University) diesen Befund in einer weiteren Studie untermauern.

Das Team fand mithilfe zweier statistischer Methoden heraus, dass ein solcher Zyklus auch in der Entwicklungsgeschichte der Landwirbeltiere zu finden ist. Konkret zeigten die Forscher im Fachjournal "Historical Biology" eine auffällige Häufung der Ereignisse in Abständen von 27,5 Millionen Jahren an. "Bei acht von zehn Aussterbe-Episoden ereigneten sich auch in den Ozeanen globale ökologische Krisen", sagt Rampino. "Die von uns entdeckten Übereinstimmungen stützen die Annahme von periodisch wiederkehrenden globalen Katastrophen."

Die Milchstraße als mögliche Einflussgröße

Also doch keine zufällige Verteilung von Massenaussterben? Und was sorgte nun für die regelmäßigen Paukenschläge? Neben Asteroidenimpakts und langanhaltenden Ausbrüchen großer Vulkanprovinzen, die sich anhand sogenannter Flutbasalte datieren lassen, könnte auch die Reise des Sonnensystems rund um das Zentrum der Milchstraße eine Rolle spielen, so die Forscher. Dabei nämlich durchkreuzt die Sonne alle 26 bis 30 Millionen Jahre die dichtere Hauptebene unserer Heimatgalaxie. Wie diese Ereignisse jedoch miteinander kausal in Zusammenhang stehen könnten, wissen auch Rampino und sein Team vorerst nicht zu erklären. (Thomas Bergmayr, 15.12.20210)