Boris Johnson ist immer für einen Gag gut. In der entscheidenden Phase der Gespräche über einen EU-Freihandelsvertrag lässt der britische Premier wissen, die Marine stünde mit vier Schiffen bereit zum Fischkrieg mit Franzosen, Belgiern und Niederländern in Nordsee und Atlantik.

Das ist nicht nur ein schlechter Witz. Es zeigt, in welch bizarrer Vorstellungswelt der Oxford-Absolvent in Altphilologie lebt. Kanonenbootpolitik gab es zwischen England und Frankreich über Jahrhunderte. Das jetzt – wenige Wochen bevor Joe Biden den global gesehen noch bizarreren Donald Trump als US-Präsidenten ablösen wird – ins Spiel zu bringen ist eine unnötige Provokation. EU-Spitzen und Regierungschefs sollten das nobel überhören – und umso härter weiterverhandeln.

Johnson braucht sie mehr als sie ihn. Der durch den Brexit entstandene Schaden darf nicht noch größer werden. Es war gut, die "letzte Frist" zu ignorieren, den Bruch zu verhindern, die Gespräche in aller Ruhe und vernünftig weiterzuführen.

Man könnte sie sogar provisorisch bis ins Jahr 2021 oder sogar 2022 verlängern. Politisch geht viel, wenn man nur will. Vorläufig gälte dann eben weiter EU-Recht in Großbritannien.

Für die Briten wäre das kein Schaden. Nach Bidens Vereidigung steht ohnehin eine Neuordnung der globalen Handelsbeziehungen und des Klimaschutzes an. Die Briten spielen nur die zweite Geige, ihre Wirtschaft steht und fällt mit beiden Partnern. Vielleicht kommt Johnson ja nächstes Jahr zur Vernunft. (Thomas Mayer, 14.12.2020)