Kleine Abwechslung im nektarsammelnden Alltag: Bienen versehen den Eingang zu ihrem Stock mit Kotbällchen.
Foto: Heather Mattila

Bienen sammeln Nektar und Pollen, und aus? Nun, nicht ganz: Für den überwiegenden Anteil dieser Insektengruppe mag es zutreffen. Bei an die 6.000 bekannten Spezies von Echten Bienen (Apidae) darf es aber nicht verwundern, wenn darunter auch welche sind, die es auf etwas ausgefalleneres Sammelgut abgesehen haben.

Männliche Prachtbienen etwa fliegen Orchideenblüten nur deshalb an, um dort Duftstoffe aufzunehmen, die sie dann bei der Paarung wieder abgeben. Die nordamerikanischen Geierbienen aus der Gattung Trigona hingegen fliegen auf etwas herbere Düfte: Sie suchen nicht nach Nektar, sondern nach Aas. Und eine dieser Arten beschränkt sich auch nicht auf totes Fleisch, sondern zieht los, um die Eier und Larven anderer Insekten zu entführen.

Die östliche Verwandte unserer Honigbiene

Nun berichtet ein internationales Team von Entomologen im Fachmagazin "Plos One" von einem Fall, der noch einmal anders gelagert ist. Kolonien der Östlichen Honigbiene (Apis cerana) wurden dabei beobachtet, wie sie ausschwärmten, um tierischen Kot zu sammeln und damit ihren Stock zu "verzieren". Laut dem Team um Heather Mattila vom Wellesley College in Massachusetts handelt es sich dabei um eine Abwehrmaßnahme gegen Hornissenangriffe.

Die in ganz Ostasien verbreitete Östliche Honigbiene ist eine enge Verwandte unserer Honigbiene (Apis mellifera) – und aller Wahrscheinlichkeit auch diejenige, die ihr den verheerenden Befall mit Varroamilben eingebrockt hat. Die kleinen Achtbeiner sind aber nicht ihr einziger Feind. Ebenso zerstörerisch ist die Hornisse Vespa soror, die mit dreieinhalb Zentimetern Körperlänge der Honigbiene körperlich klar überlegen ist. Diese Hornissen fallen in großen Gruppen über Bienenstöcke her, töten die Bienen zu Tausenden und machen sich anschließend über die hilflose Brut und den Honig her.

Kampf den Invasoren!

Honigbienen haben eine Reihe von Abwehrmaßnahmen gegen größere Raubinsekten entwickelt. Bekannt ist etwa die Strategie, sich gruppenweise um einen Eindringling zusammenzuballen, um dessen Körper so weit aufzuheizen, bis er stirbt. Eine Studie auf Zypern kam vor einigen Jahren zum Schluss, dass es statt Überhitzung auch der Tod durch Ersticken sein kann: Die Forscher beobachteten, wie Bienen gezielt die Atemöffnungen von Hornissen blockierten, die für die andere Taktik zu hitzeresistent gewesen wären.

Auch die Östliche Honigbiene beherrscht diese Form der Abwehr – doch manche Bienen wollen das Geschehen offenbar gar nicht erst so weit eskalieren lassen und beugen Angriffen schon im Vorfeld vor. Bei drei Bienenkolonien in Vietnam konnten die Forscher beobachten, wie die Arbeiterinnen ausschwärmten, um tierischen Kot aufzusammeln und in kleinen Ballen rund um die Eingänge in den Stock anzubringen. Das taten sie aber nur, wenn sich Vespa soror gezeigt hatte. Solange sie es nur mit der kleineren Hornissenart Vespa velutina zu tun hatten, wurde diese ungewöhnliche Maßnahme nicht ergriffen.

Riesenhafte Hornissen versammeln sich am Eingang: Sie gilt es abzuwehren.
Foto: Heather Mattila

Ob es sich dabei tatsächlich um eine Form von Werkzeuggebrauch handelt, wie die Forscher andeuten, ist ungewiss. Und unklar ist auch noch, wie genau die Kot-Applikationen wirken. Möglich, dass die Hornissen den Geruch einfach widerwärtig finden. Möglich ist aber auch, dass die Bienen damit nur den Duft jenes Drüsensekrets maskieren, mit dem Hornissen ein potenzielles Ziel markieren. So kann die duftende Hinterlassenschaft einer Kundschafterhornisse keine Artgenossen anlocken, und es kommt nicht zu einem verheerenden Großangriff.

Sicher ist laut den Forschern nur, dass die Maßnahme funktioniert. Die Beobachtungen zeigten, dass sich Hornissen deutlich seltener in die Nähe von Nesteingängen begaben, die mit Kotballen versehen waren. Und sie wandten um satte 94 Prozent weniger Zeit dafür auf, an diesen Eingängen herumzukauen. Das tun sie normalerweise so lange, bis die auf Bienendimensionen angelegten Öffnungen groß genug sind, dass auch sie hindurchpassen. Der miefende Schutzwall scheint sie davon aber in recht effektiver Weise abzuhalten. (jdo, 2. 1. 2021)