Von Bakterien gestanzte Nanoporen erleichtern das Ablesen von auf DNA gespeicherte daten
Illustr.: Matteo Dal Peraro/EPFL

Lausanne – Geht es um die Speicherdichte, dann kann kaum eine andere Technik dem Erbmolekül DNA das Wasser reichen. Theoretisch sind 200 Milliarden Gigabyte auf einem Gramm DNA möglich. Hinzu kommt ihre lange Haltbarkeit: Die Erbsubstanz kann unter den entsprechenden Bedingungen viele tausend Jahre stabil bleiben. Ihr Nachteil ist freilich, dass das Abspeichern und Auslesen der Informationen keine leichten Unterfangen sind. Ein Team um Bioingenieure der EPFL hat nun aber eine Methode entwickelt, um Daten genauer und auch günstiger als bisher aus der DNA zu lesen. Dazu nutzten die Forscher von Bakterien in Zellen gestanzte Nanoporen, durch die sie den Informationsstrang wie eine Kette hindurch fädelten und ablesen konnten.

Menschen erzeugen und speichern Abermilliarden Bytes an digitalen Daten. Aber die Freude über die Ferienfotos oder Hochzeitsvideos währt nicht ewig: Herkömmliche Speicherträger überdauern bestenfalls einige Jahrzehnte. An einer Lösung gegen das digitale Vergessen tüfteln Wissenschafter unter Einsatz des dauerhaften Erbmoleküls.

Sequenziergerät zum Datenauslesen

Anders als die Daten in Nullen und Einser zu speichern, nutzt der genetische Code die DNA-Basen Adenin (A), Cytosin (C), Guanin (G) und Thymin (T). Wissenschafter mit Beteiligung der ETH Zürich konservierten mit dieser Methode bereits die erste Staffel der Netflix-Serie "Biohackers" im Code des Lebens. Um die Informationen auszulesen, braucht es ein DNA-Sequenziergerät, wie es Biologen üblicherweise verwenden, um Genome zu entschlüsseln.

Nur: Dieses Vorgehen ist enorm teuer und anfällig für Lesefehler. Deshalb nahmen sich die Forschenden um Matteo Dal Peraro nun giftproduzierende Mikroben zu Hilfe, um den biologischen Speicherträger zu verbessern. Sie ließen das Bakterium namens Aeromonashydrophila, das das Toxin Aerolysin produziert, winzige Löcher in eine Zellmembran stanzen. An einem Ende der Poren fädelten sie einen Informationsstrang aus einer Kombination aus DNA- und nicht-biologischen Bausteinen ein und zogen diesen komplett hindurch.

Deep Learning-Algorithmus hilft beim Entschlüsseln

Der Clou: Die verschiedenen Bausteine erzeugen unterschiedliche elektrische Signale, die das Team mit einem Deep Learning-Algorithmus entschlüsselte. Dadurch gelang es ihnen, die Informationen der DNA-Kette in hoher Genauigkeit als Bits auszulesen, wie sie im Fachmagazin "Science Advances" berichten.

Die Forscher arbeiten noch an einigen Verbesserungen, um ihr System tatsächlich in ein Produkt zu Datenspeicherung zu verwandeln. Aber die bisherigen Experimente hätten gezeigt, dass das neue System wesentlich günstiger als herkömmliche DNA-Datenspeicher sei und eine noch längere Lebensdauer aufweise. Außerdem ließe es sich miniaturisieren, so dass es in mobile Datenträger eingebaut werden könne. (red, APA, 20.12.2020)