Eva Blimlinger, Wissenschaftssprecherin der Grünen, verteidigt in ihrem Gastbeitrag das geplante neue Universitätsgesetz.

Seit 1. Dezember ist die Novelle des Universitätsgesetzes in Begutachtung, und da und dort herrscht ein wenig Aufregung ob der Änderungen, die nun vorgeschlagen werden. Die zur Hälfte von Professorinnen und Professoren besetzten Senate fürchten um den Verlust von Demokratie und Mitbestimmung bei der ersten Wiederwahl des Rektors oder der Rektorin. Die ÖH möchte vor allem die 24 ECTS-Punkte als Mindestleistung in den ersten beiden Studienjahren weghaben – bei einer Mindeststudienzeit wären es übrigens 120 ECTS-Punkte, die in diesem Zeitraum zu erbringen wären. Für die Universitätskonferenz wiederum sind die 24 ECTS-Punkte erst ein Anfang und viel zu wenig. Und die Plagiatsjäger empören sich, dass es nun eine 30-jährige Verjährungsfrist für die Aufhebung der Verleihung akademischer Titel gibt. Lebenslänglich rufen sie, wie bei Mord oder anderen schweren Verbrechen.

Was tun mit den Kettenverträgen an den Unis? Der Vorschlag der Regierung erntet viel Kritik.
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Immer prekär

Ein weiterer Diskussionspunkt ist die sogenannte Kettenvertragsregelung, der – wie er unter Eingeweihten heißt – 109er, jener Paragraf, der die Dauer der Arbeitsverhältnisse von allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an den Universitäten regelt – und zwar dem Grunde nach von der Reinigungskraft bis zur Professorin, vom Laboranten bis zur Lehrbeauftragten. Klaus Kastberger, Germanist, Universitätsprofessor an der Universität Graz mit zahlreichen anderen Funktionen im Literaturbetrieb, ist in seinem Gastkommentar, um es vorsichtig zu sagen, irritiert über die Vorschläge, befristete Arbeitsverhältnisse für künstlerische und wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf insgesamt acht Jahre und jene für Lehrbeauftragte auf sechs Jahre zu beschränken.

Vielleicht ein kurzer Blick zurück. Bevor die Universitäten schließlich mit dem UG 2002 ausgegliedert wurden, galt das Hochschullehrerdienstrecht: Assistentinnen und Assistenten vier Jahre, Doktorat, dann die nächsten sechs Jahre, Habilitation, und dann pragmatisiert, außerordentliche Universitätsprofessoren bis zum Ruhestand, ordentliche Professorinnen und Professoren sowieso immer gleich Beamtinnen und Beamte, da und dort einmal eine mehrjährige Gastprofessur, und die Lehrbeauftragten standen in einem "besonderen Rechtsverhältnis zum Bund". Alles war klar, alles war fix, die Lehrbeauftragten immer befristet, immer prekär, die anderen fast alle Beamtinnen oder Beamte oder zumindest Vertragsbedienstete.

Alles klar

Nach der Ausgliederung galt dann für alle Neuen die Arbeitsverfassung und somit das Arbeitsrecht, und nach langen, teilweise sehr zähen Verhandlungen wurde 2009 ein "Kollektivvertrag für die ArbeitnehmerInnen der Universitäten" von den Sozialpartnern beschlossen. In den ersten Jahren waren die Universitäten wenig versiert und kenntnisreich im Arbeitsrecht und hatten große Mühe, Normen einzuhalten und umzusetzen. Da wurden an manchen Unis allen Lehrbeauftragten freie Dienstverträge angeboten, wiewohl sie in den meisten Fällen anzustellen gewesen wären, es wurden Werkverträge statt Dienstverträge vergeben und so weiter und so fort – all das, was wir aus der Arbeitswelt kennen, Unis waren und sind in vielen Fällen nicht anders, auch wenn es immer rühmliche Ausnahmen gibt. Auch die Klagen mithilfe der Arbeiterkammer, die nun ja auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Universität zu vertreten hatten, gab es da und dort – aber die meisten Nachwuchswissenschafterinnen und -künstler haben sich nachvollziehbarerweise nicht getraut zu klagen.

Und lieber Klaus Kastberger, nein, die Praxis der Kettenverträge bewegt sich nicht in "relativ undefinierten Zonen des allgemeinen Arbeitsrechts". Es ist eigentlich alles definiert und alles klar, solange nicht vom Arbeitgeber Universität viel Energie in das Umgehen des Arbeitsrechts gesteckt wird. Die Panik, jemand werde unbeabsichtigt unbefristet, die ist genau das Problem. Warum gibt es da eine Panik? Und übrigens, eine Definitivstellung gibt es schon lange nicht mehr. Der Vorschlag mag tatsächlich brachial sein – aber die acht Jahre gelten selbstverständlich immer nur für jene Universität, an der man acht Jahre beschäftigt war, wie auch die sechs Jahre für Lehrbeauftragte. Ja, ich habe tatsächlich die Hoffnung, dass jemand, der sechs Jahre an einer Universität mehrere Wochenstunden lehrt, endlich unbefristet beschäftigt wird und nicht jedes Semester einen neuen Vertrag bekommt und dann ein Semester pausiert wird, damit man ja nicht in die Kette kommt. An manchen Instituten werden bis zu 80 Prozent der Lehre von Lehrbeauftragten erbracht, da müsste man nicht sechs Jahre warten, sondern könnte das schneller machen – gewissermaßen als Teaching Professors.

Kann’s nicht sein

Ja, ich habe noch immer die Hoffnung, dass nicht Konstruktionen gefunden werden, mittels derer, wie es jetzt immer wieder der Fall ist, Wissenschafterinnen und Wissenschafter und Künstlerinnen wie Künstler 14 Jahre lang mit x befristeten Verträgen beschäftigt werden und dann mit 48 Jahren aus den Universitäten rausgekippt werden, noch immer nicht entfristet – das kann’s nicht sein. Aber was kann es denn dann eigentlich sein? Ich weiß ehrlich nicht, wie viele Modelle, wie viele Vorschläge, wie viele Ideen zur Lösung dieses Problems ich gelesen, mitentwickelt, diskutiert, verworfen oder vorgeschlagen habe, nichts davon war wirklich gut. Und wenn Herr Kastberger schreibt, "Personen in befristeten Dienstverhältnissen waren in den letzten Jahren und Jahrzehnten in Lehre und Forschung wesentlich an den Leistungen, der Sichtbarkeit und gesellschaftlichen Relevanz dieser Einrichtungen beteiligt", dann frage ich mich schon, warum sie nicht längst unbefristet sind, sondern in der Prekarität belassen werden.

Also 25, 30 Jahre befristete Verträge, das soll die Lösung sein? Keine Beschränkungen für befristete Verträge? Das will ich wirklich nicht, ich will viel weniger prekär Beschäftigte an den Universitäten. Und ja, vielleicht ist der Vorschlag noch nicht fertig entwickelt– dazu gibt es das parlamentarische Begutachtungsverfahren, und ich bitte um Vorschläge in den Stellungnahmen bis 15. Jänner. (Eva Blimlinger, 16.12.2020)