Am Sonntag war die Cessna mit der Registrierung OE-GLS von Istanbul nach Paris unterwegs.

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Am Flughafen Istanbul-Sabiha Gökçen hob am vergangenen Sonntag frühmorgens eine Chartermaschine ab. Destination: Paris-Orly. Die Cessna Citation VII der Tyrolean Jet Services, einer Enkeltochtergesellschaft der Wattener D. Swarovski KG, war mit neun Personen voll besetzt. Für mehr ist in der kleinen, sechs Meter langen Kabine des luxuriösen Flugzeugs nicht Platz.

Wen man von Istanbul in die französische Hauptstadt beförderte, wusste man aber offenbar nicht. Zumindest beteuert man das bei der kleinen Tiroler Bedarfsfluggesellschaft, deren Flotte aus fünf Flugzeugen besteht. Dass die Passagiere am Zielflughafen nicht von Angehörigen, sondern von der Polizei in Empfang genommen wurden, sei unerwartet gekommen. "Wir können bestätigen, dass wir am 13.12.2020 einen regulären Charterflug durchgeführt haben", lautet das kurze Statement von Tyrolean Jet Services zum STANDARD. Und: "Für uns unerwartet haben die Passagiere bei Ankunft Asyl beantragt." Weitere Nachfragen ließ man am Dienstag unbeantwortet.

Passagierliste liegt vor

Wer und was an Bord des Charterflugs mit der Registrierung OE-GLS war, zeigt eine Liste, die dem STANDARD vorliegt. Sechs Gepäckstücke wurden im Flieger transportiert sowie neun Flüchtlinge aus dem Irak. Für die Einreise haben sie offenbar tief in die Tasche gegriffen. Die Cessna Citation VII erreicht eine Reisegeschwindigkeit von knapp unter 900 Stundenkilometern, zwischen den beiden Flughäfen liegen 2.281,6 Kilometer. Eine Flugstunde kann leicht mehr als 3.000 Euro kosten. Listenpreise gibt es bei Tyrolean Jet Services allerdings keine, sondern bloß Preise auf Anfrage. Experten meinen, dass der Preis für den Flug schwer einzuschätzen sei, aber wohl bei mindestens 20.000 Euro liegen müsse.

Genaueres war über den Vorfall zunächst nicht in Erfahrung zu bringen. Beim Bundeskriminalamt weiß man von der Angelegenheit nichts. Dass der Vorfall nicht in den Datenbanken aufscheint, legt nahe, dass kein österreichischer Staatsbürger von der Polizeiaktion in Paris betroffen war. Die Pariser Polizei hat eine Anfrage des STANDARD noch nicht beantwortet.

Pässe zerrissen

Dem Vernehmen nach sollen die Passagiere allerdings mit karibischen Pässen angemeldet gewesen sein, um kein Aufsehen zu erregen und keine Aufregung zu erzeugen. Die Pässe seien dann im Flugzeug zerrissen und ihre Einzelteile in der Flugzeugverkleidung und auf der Toilette entsorgt worden, wird kolportiert.

Tyrolean Jet Services ging aus der 1978 unter Beteiligung von Gernot Langes-Swarovski übernommenen Aircraft Innsbruck hervor. Die Airline bietet weltweit Charterflüge sowohl für Privat- als auch für Firmenkunden an. Vor rund zwei Jahren sorgte Tyrolean Jet Services für internationale Schlagzeilen, weil in einer Maschine des Unternehmens eine halbe Tonne Kokain gefunden wurde. Das Flugzeug war von Bogotá in Kolumbien nach London geflogen. Das Unternehmen distanzierte sich damals ausdrücklich und betonte, keinerlei Verbindung zu den Passagieren zu haben.

Der Kristallkonzern machte zuletzt Schlagzeilen, weil die von Neo-Chef Robert Buchbauer angestoßene Strukturreform nicht nur 1.600 Arbeitsplätze am Standort Wattens kosten soll – sondern auch zu öffentlich ausgetragenen Fehden innerhalb der Familie geführt hat. (Aloysius Widmann, 16.12.2020)