Wien – Es war zu erwarten, dass der diesjährige Gewinner des "Goldenen Bretts vorm Kopf" etwas mit Corona zu tun haben würde. Immerhin waren gleich drei Personen auf der Shortlist gelandet, die sich mit Desformationen bis hin zu blankem, gefährlichem Nonsens rund um das Virus besonders hervorgetan hatten: der "Fehlalarm"-Arzt Sucharit Bhakdi, der Verschwörungs-Influencer Attila Hildmann und der "Querdenker"-Gründer Michael Ballweg. Auch wenn wohl alle drei den Schmähpreis verdient hätten, erhalten hat ihn schließlich Sucharit Bhakdi für seine unwissenschaftlichen Verharmlosungen der Covid-19-Pandemie. Der Preis fürs Lebenswerk geht an den deutschen Aktivisten Ken Jebsen und seinen Kanal "KenFM".

Die Verleihung des "Goldenen Bretts vorm Kopf" fand heuer zum zehnten Mal statt – im Corona-Jahr ausnahmsweise per Internetstream.
Illustr.: Das Goldene Brett

Die Verleihung des "Goldenen Bretts vorm Kopf", des Satirepreises für den größten antiwissenschaftlichen Unfug des Jahres, ging am Dienstagabend zum mittlerweile zehnten Mal über die Bühne. Sie fand heuer virtuell statt und wurde via Facebook, Youtube und die Website Goldenesbrett.guru gestreamt. In Österreich zeichnen die Wiener Skeptiker, der lokale Ableger der Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften (GWUP), für die Preisvergabe verantwortlich. Aus den über 300 Vorschlägen, die online eingegangen waren, wählte eine Fachjury zunächst drei Finalisten und dann den Sieger, der heuer Sucharit Bhakdi heißt.

"Der Preis passte vielleicht noch nie so perfekt!"

Bei der Vergabe des "Goldenen Bretts" spielt eine ganze Reihe von Kriterien eine Rolle: Wie abwegig sind die getätigten Behauptungen? Wie kritikresistent ist die Person, wenn sie mit Fakten widerlegt wird? Profitiert die Person auch finanziell? Finden ihre Thesen große Verbreitung? Werden pseudowissenschaftliche Thesen fälschlicherweise als echte Wissenschaft ausgegeben und entsteht dadurch eine konkrete Gefahr? Bhakdi, der es eigentlich besser wissen müsste – er hat schließlich viele Jahre als Arzt gearbeitet – punktet in all diesen Kategorien. "Es gab vielleicht noch nie einen Kandidaten, auf den das 'Goldene Brett vorm Kopf' so perfekt gepasst hat wie auf ihn", erklärten die Initiatoren der Schmähauszeichnung.

"Goldenes Brett vorm Kopf"-Gewinner Sucharit Bhakdi mit seinem Buch "Corona Fehlalarm?".
Foto/Cover: Goldegg Verlag/Peter Pulkowski

So sei Bhakdi seit Monaten immer wieder mit Aussagen aufgefallen, die dem Konsens innerhalb der Wissenschaft widersprechen: Es werde keine zweite Welle geben, der Großteil der Bevölkerung sei längst immun, man solle doch die Masken abnehmen. Dass solche Aussagen falsch seien, sei mittlerweile angesichts der neuen Corona-Welle offensichtlich, immer wieder wurde Bhakdi für seine Behauptungen heftig kritisiert, revidiert habe er sie trotzdem nicht. Sein Buch "Corona Fehlalarm?" wurde zum Bestseller – und Bhakdi selbst zum beliebten Interviewpartner und zum Dauergast in Corona-Diskussionssendungen.

Vermeintliche Autorität

Als Infektionsepidemiologe werde Bhakdi von vielen Menschen als wissenschaftliche Autorität betrachtet, auch wenn seine Gedanken weit von etablierten Lehrmeinungen entfernt seien. "Das ist Wasser auf die Mühlen all jener Leute, die sich selbst als 'Querdenker' feiern und behaupten, der Wissenschaft sei nicht zu trauen", betonen die Skeptiker. Für sie illustriert Bhakdi zudem das Phänomen der "False Balance": In den Medien werde versucht, unterschiedlichen Meinungen ähnliches Gewicht zukommen zu lassen. "Das ist sinnvoll, wenn beide Meinungen berechtigt sind. Wenn aber eine Meinung auf wissenschaftlichen Fakten beruht und die andere nicht, dann darf man nicht so tun, als befänden sich beide auf Augenhöhe."

Ken Jebsen beim Meditieren am Berliner Rosa-Luxemburg-Platz während einer Demonstration gegen die Corona-Maßnahmen.
Foto: imago images/Rolf Zöllner

Preis fürs Lebenswerk geht an "KenFM"

Der Preis für das Lebenswerk ging heuer an den Journalisten und Aktivisten Ken Jebsen und sein Sprachrohr "KenFM", das als Radiosendung begann und dann ins Internet abwanderte. "Auf KenFM scheint es keine Berührungsängste mit kruden Verschwörungstheorien zu geben: Von den 'Charlie Hebdo'-Anschlägen, die angeblich inszeniert waren, über George Soros und Bill Gates, die angeblich die Welt fest im Griff haben, bis hin zu verstörenden Aussagen über den Holocaust", meinen die Skeptiker.

Obwohl "KenFM" merkwürdigen Verschwörungstheoretikern einen Kanal bietet, genießt der frühere Jugendsendungsmoderator Jebsen nach wie vor viel Vertrauen in einer großen Fangemeinde. Das zeigte sich im Jahr 2020 auch im Zusammenhang mit Verschwörungsmythen über die Corona-Pandemie. In kürzester Zeit schnellten die Youtube-Views auf über drei Millionen, als "KenFM" bedenkliche Thesen über die Pandemie, Masken und Impfstoffe verbreitete. (red, 15.12.2020)