Das fängt ja gut an. Die erste Tranche der Corona-Impfstoffe ist noch nicht einmal ausgeliefert, schon haben Österreichs Politiker Meinungsverschiedenheiten. Die Landeshauptleute der Steiermark und Oberösterreichs wollen gleich eine allgemeine Impfpflicht einführen, Vorarlbergs Landeschef ist dagegen, und der Gesundheitsminister beruhigt: "Wir haben keine Notwendigkeit für eine Impfpflicht."

Das ist schön, nur leider eine Themenverfehlung. Es geht nicht darum, ob man nun dafür ist, die Menschen zur Impfung zu zwingen, oder nicht. Es geht darum, aufzuklären, Ängste zu nehmen, zu überzeugen. Und damit hätte man längst beginnen müssen – wenn man sich die aktuellen Umfragen, etwa jene von Meinungsforscher Peter Hajek, zur Corona-Impf-Skepsis der Österreicher ansieht.

Den maximalen Schutz der Bevölkerung gibt es nur bei einer Durchimpfungsrate von 60 bis 70 Prozent.
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Alle Alarmglocken müssen schrillen: Den maximalen Schutz der Bevölkerung gibt es nur bei einer Durchimpfungsrate von 60 bis 70 Prozent. Wie will man das erreichen, wenn nicht einmal ein schwaches Drittel der Menschen bereit ist für das "Jaukerl" und nur 17 Prozent jetzt schon wissen, dass sie sich "ganz sicher" impfen lassen?

Dabei ist es kein Naturgesetz, dass die Menschen hierzulande "Impfmuffel" sind. Seit Jahren plädieren Ärzte für "Impfkampagnen", etwa bei Masern oder bei der Grippeimpfung. Gestartet wurden solche bis dato halbherzig bis gar nicht. In der aktuellen Pandemie kann man davon ausgehen, dass zur generellen Skepsis auch die berechtigte Frage dazukommt, wie stark die neuen Impfstoffe vor Corona-Infektionen und -übertragungen schützen können und wie sie langfristig wirken.

Politisches Kleingeld

All das müsste die Bundesregierung offensiv ansprechen und dennoch ihren Standpunkt klarmachen, warum sie dafür eintritt, dass sich die Menschen impfen lassen sollen. Denn man kann das gut erklären: Die Menschen in Österreich sind müde und genervt von der Pandemie, die persönlichen und ökonomischen Folgen des Jahres 2020 sind noch gar nicht abschätzbar, viele sehen pessimistisch in die Zukunft. Da muss die Regierung ansetzen – und sie muss dabei mit einer Stimme sprechen.

Und nicht nur das: Bevor man noch flächendeckend über die Corona-Impfung informiert und aufklärt, müssen alle Bundesländer mit ins Boot geholt werden, der genaue Fahrplan für die Impfung muss bis ins Detail abgestimmt, etwaige Unstimmigkeiten müssen im Voraus ausgeräumt werden. Es kann nicht sein, dass bei einer so wichtigen Frage politisches Kleingeld gewechselt wird.

Wie man es nicht machen sollte, konnte man eben sehr drastisch an der Frage der Massentestungen sehen. Ganz offensichtlich hatte der Bundeskanzler sie verkündet, ohne dies vorher mit dem Gesundheitsminister, den Gesundheitsreferenten der Länder und den Expertinnen und Experten des Krisenstabs abzusprechen. Das Ergebnis waren endlose Debatten über das Für und Wider solcher Tests. Jeder hatte eine Meinung – und die Menschen blieben verwirrt zurück. Die Beteiligung an den Massentestungen war dann entsprechend gering.

In Österreich leben großteils vernünftige Menschen. Sie von der Corona-Impfung zu überzeugen sollte kein Ding der Unmöglichkeit sein – wenn man nicht über die falschen Dinge streitet und ihnen die richtigen gut erklärt. Das sollte der Leitsatz der Regierung in der Impffrage sein – das und der Wille, diesmal alles anders zu machen als bisher. (Petra Stuiber, 15.12.2020)