Der deutsche Gesundheitsminister Jens Spahn wartet auf das Serum.

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Just an dem Tag, an dem in den USA die Marke von 300.000 Corona-Toten überschritten wurde, begann das Land seine Impfkampagne gegen das Virus. Möglich wurde sie dank einer Notfallzulassung des Impfstoffs von Biontech und Pfizer durch die US-Arzneimittelbehörde FDA.

"Waffe, die den Krieg beendet"

Nach Großbritannien, das bereits vor einer Woche mit Massenimpfungen begonnen hat, sind die USA seit Montag das erste große westliche Industrieland, das seine von der Pandemie schwer gezeichnete Bevölkerung impft. Den Beginn machten – von Livekameras dokumentiert – Pflegekräfte in New York, denen die Dosis gespritzt wurde.

Als "Waffe, die den Krieg beendet", bezeichnete Gouverneur Andrew Cuomo die Impfung. In England werden Corona-Impfungen seit Montag auch in Hausarztpraxen verabreicht. An 100 Standorten im Land werden demnach 80-Jährige sowie Bewohner und Mitarbeiter von Pflegeheimen mit dem ebenfalls von Biontech und Pfizer entwickelten Präparat geimpft. Zunächst konnte der Impfstoff wegen der komplizierten Lagerung bei etwa minus 70 Grad nur in Krankenhäusern verabreicht werden.

Entscheidung gegen Notzulassung

So wie die Österreicher warten hingegen auch noch die Deutschen auf die Zulassung, was in Berlin ziemliche Ungeduld auslöst. "Jeder Tag, den wir früher beginnen können zu impfen, mindert Leid und schützt die besonders Verwundbaren. Eine Prüfung der Daten und die Zulassung durch die EMA (Europäische Arzneimittelagentur) sollten schnellstmöglich erfolgen", meint Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Auch in Deutschland wäre man "in einem nationalen Verfahren ohne Zweifel sehr schnell".

Gerald Gaß, Chef der Deutschen Krankenhaus-Gesellschaft, fordert auch für Europa eine Notzulassung und sagt: "Dann könnten wir noch vor Weihnachten mit mobilen Teams in die Pflegeheime gehen und die Bewohner dort impfen." Die deutsche Regierung hat sich jedoch gegen eine Notzulassung entschieden, sondern für den regulären Weg. "Das ist wichtig für das Vertrauen aus meiner Sicht", sagt Spahn.

400 Impfzentren in Deutschland

Kritik am langsamen Tempo kam auch von den deutschen Liberalen: "Es kann nicht sein, dass ein in Deutschland entwickelter Impfstoff erst im Januar zugelassen und verimpft werden kann", sagte die gesundheitspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Christine Aschenberg-Dugnus, vor der Entscheidung der EMA zur Vorverlegung.

In Deutschland entstehen gerade 400 Impfzentren. Laut einer Umfrage der Funke-Mediengruppe bei den Kassenärztlichen Vereinigungen sind 10.000 Ärzte bereit, bei den Impfungen zu helfen. Zunächst werden Pflegepersonal und ältere Menschen geimpft.

Spahn rechnet damit, dass bis Ende Sommer 2021 rund 60 Prozent in Deutschland gegen das Coronavirus geimpft sein könnten. Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist eine Durchimpfungsrate von 60 bis 70 Prozent der Bevölkerung für eine wirkungsvolle Bekämpfung der Pandemie nötig. Eine Impfpflicht ist in Deutschland nicht geplant. "Ich gebe Ihnen mein Wort", hat Spahn kürzlich im Bundestag erklärt. (Birgit Baumann, Florian Niederndorfer, 15.12.2020)