Reparieren statt wegwerfen: Der Bon soll Menschen motivieren, kaputte Dinge nicht gleich wegzugeben, sondern sie von Profis wieder in Schuss bringen zu lassen.

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Es war nicht der große Wiener Koalitionsstreit – da gab es andere Themen: die Pläne zur Verbannung der Autos aus der Inneren Stadt zum Beispiel. Oder den Gürtelpool, der im Sommer die Wogen hochgehen ließ. Aber auch bei der Förderung der Reparatur kaputter Gegenstände, von der sowohl Bewohner der Stadt als auch Betriebe profitieren sollten, gingen die Meinungen von SPÖ und Grünen auseinander.

Die ehemalige Vizebürgermeisterin Birgit Hebein (Grüne) hatte als Pendant zum Gastrogutschein eine "Reparatur-Marie" gefordert. Alle Wiener von 16 bis 30 Jahren hätten 25-Euro-Gutscheine zugestellt bekommen sollen, die sie dann in Betrieben in ihrem eigenen Bezirk hätten einlösen können. Das Paket wäre laut Vorschlag der Grünen zehn Millionen Euro schwer gewesen. Dafür fand Hebein allerdings keine Unterstützung beim Koalitionspartner. Durchgesetzt hat sich Ex-Umweltstadträtin Ulli Sima (SPÖ) mit dem Reparaturbon, der seit Mitte September und, in einem ersten Schritt, noch bis zum Jahresende eingelöst werden kann.

Fortsetzung im März

Bis 2023 wurden für Reparaturzuschüsse 1,6 Millionen Euro reserviert. Im März soll die Aktion fortgesetzt werden. Bringt man ein Gerät oder einen Gegenstand in einen ausgewiesenen Partnerbetrieb zur Reparatur, erhält man 50 Prozent der Rechnungssumme bis zu einem maximalen Betrag von 100 Euro gefördert.

"Der Erfolg des Reparaturbons bestätigt, dass wir den richtigen Weg gewählt haben", heißt es aus dem Büro des neuen Umweltstadtrats Jürgen Czernohorszky (SPÖ). Einen Seitenhieb auf Hebein kann man sich offenbar auch Monate nach der Wahl nicht verkneifen.

Aber nun zu den nackten Zahlen, die den Erfolg belegen sollen: Mit Stichtag Dienstag wurden 5.349 Bons für Reparaturen verwendet. Insgesamt wurden 6.452 Gegenstände repariert. Für diese Reparaturen wurden bis dato Förderungen in der Höhe von rund 350.000 Euro zur Abrechnung eingereicht.

Mehr Betriebe

Ein Download ist derzeit nicht mehr möglich – der Bon wird auf Pause geschickt. Im Fördertopf ist also noch einiges Geld übrig. Die kurze Unterbrechungen wird zur Aufnahme weiterer Reparaturbetriebe sowie zur Kapazitätserweiterung der Datenbank genutzt, heißt es. "Wir werden dieses wichtige Instrument der Kreislaufwirtschaft weiterentwickeln", sagt eine Sprecherin.

Derzeit kommen die teilnehmenden Betriebe aus dem Wiener Reparaturnetz, sie haben eine entsprechende Fördervereinbarung mit der Stadt Wien abgeschlossen.

Dabei gelten folgende Kriterien für die Unternehmen: Einerseits müssen 50 Prozent der Arbeitsplätze für Reparaturen vorgesehen sein. Reparatur muss also die wesentliche Säule des Geschäftsmodells darstellen. Der Reparaturbetrieb muss außerdem mindestens drei unterschiedliche Marken reparieren, wodurch gewährleistet sein soll, dass der Reparaturbetrieb unabhängig von Herstellerinteressen agieren kann.

Richtlinien zu straff?

Kritik an den strengen Kriterien kommt allerdings von der Wirtschaftskammer. Maria Smodics-Neumann, Nationalratsabgeordnete der ÖVP und Spartenobfrau Gewerbe und Handwerk der Wirtschaftskammer Wien, findet es nicht gut, dass nur Betriebe zum Zug kommen, die Teil des Reparaturnetzwerks sind. Dort seien Mitgliedsbeiträge fällig. Außerdem stößt sie sich an den zu straffen Richtlinien, um dort aufgenommen zu werden.

Ein Betrieb könne auch dann gute Reparaturleistungen erbringen, wenn er nicht die Hälfte der Arbeitsplätze dafür reserviere. Außerdem sei man hier immer von den Wünschen der Kunden abhängig. Smodics-Neumann spricht aus eigener Erfahrung. Sie hat eine Maßschneiderei. Manchmal kämen viele Reparaturen rein, an anderen Tagen gibt es mehr Neuanfertigungen. Man habe sich an der Nachfrage zu orientieren: "So funktioniert das Wirtschaftsleben."

"Mindset" der Unternehmer ändern

Im Prinzip begrüße sie Fördergelder für Reparaturen sehr, wie sie sagt. Wenn man aber bei Unternehmern eine Änderung des "Mindsets" erreichen wolle, müsse man die Partnerbetriebe breiter aufstellen. Auch der Konsument hätte Vorteile, wenn noch mehr Betriebe mitmachen würden: "Dann kann ich auch zum Handwerker meines Vertrauens gehen", so Smodics-Neumann. Und nicht nur zu den derzeit rund 40 teilnehmenden Betrieben. (Rosa Winkler-Hermaden, 17.12.2020)