Die Idee, Hotellobbys abzulichten, hatte Wolfgang Thaler bereits 2015. Die Ansage, alle Wiener Hotels abzuwandern, hat er zwar nicht wahr gemacht. Über 200 sind es aber dann doch geworden – er hat sie in dem opulenten Bildband "Wien Hotel" versammelt.

Hotel König von Ungarn (links) und Hotel Kärntnerhof

Foto: Wolfgang Thaler

"Ich habe immer schon Lust gehabt, Räume zu lesen auf ihre Zeichen und Verweise hin", erklärt der Fotograf. Sein Anliegen sei es nie gewesen, einfach nur zu dokumentieren. Er wolle den Raum lesen wie ein Buch, wie eine Landschaft: "Diese entsteht durchs Anschauen, durchs Bild", ist Thaler überzeugt.

Hotel Urania (links) und Park Hyatt Vienna

Foto: Wolfgang Thaler

Es gebe de facto keinen anderen Raumtyp, der so ein Verhältnis habe mit der Stadt, wo man halb draußen und halb drinnen ist, halböffentlich, hält Thaler fest.

In manchen Hotellobbys hat man tatsächlich das Gefühl, eine andere Welt zu betreten.

The Ritz Carlton (links) und Hotel Sacher

Foto: Wolfgang Thaler

Was eint alle Hotellobbys? Thaler: "Alle wollen etwas. Und dieses Wollen äußert sich, und das kann man lesen." Mit "Wien Hotel" möchte er dem Betrachter Gelegenheit geben, in dieses Wollen einzutauchen.

Hotel Wandl (links) und Grand Hotel

Foto: Wolfgang Thaler

Die Bilder sind im Buch absichtlich assoziativ zueinandergesetzt, und zwar sehr subjektiv. Das Buch will auch kein Hotelführer sein. Es soll sich ein Lesefluss ergeben, meint der Autor.

Hotel Regina (links) und Hotel Zur Wiener Staatsoper

Foto: Wolfgang Thaler

Auf den Fotos sind kaum Menschen zu sehen. Das sei durchaus Absicht und habe nichts mit der derzeitigen Situation zu tun. "Das wäre eine Fehlinterpretation, dennoch hat das Buch gerade jetzt eine ganz spezielle Aktualität, weil momentan viele Hotels leerstehen", sagt Thaler.

Grand Hotel (links) The Ritz Carlton

Foto: Wolfgang Thaler

Menschen würden nur ablenken, sagt der Fotograf. Und wenn doch Personen auftauchen, habe das einen Sinn – sie gehen über in das Dekor, sind ein Teil des Dekors.

Hotel Amadeus (links) und Hotel Pension Bleckmann

Foto: Wolfgang Thaler

Was Thaler auf keinen Fall möchte: eine irgendwie geartete Wertung abgeben. Er sieht "Wien Hotel" dementsprechend auch nicht als Hotelführer.

Meliá Vienna (links) und Springer Schlössl

Foto: Wolfgang Thaler

"Wien Hotel" ist ein Porträt dieser Stadt, erzählt durch Fotografien halböffentlichen Interieurs, die sich in der Funktion gleichen, in der Gestaltung aber immer unterscheiden, obwohl sie oft dieselben Themen inszenieren – so ist das imperiale Wien allgegenwärtig. (Markus Böhm, 18.12.2020)

Der Fotograf im Hotel Marriott

Foto: Reinhard Mayr

Wolfgang Thaler, "Wien Hotel" (inklusive Essays zahlreicher Autoren). € 39, Edition Fotohof, Inge-Morath-Platz 1–3, 5020 Salzburg, fotohof.at

Infos unter wolfgangthaler.at

Foto: Wolfgang Thaler