Darpa Grand Challenge in der Mojave-Wüste: Schon 2005 wurden Roboterautos mit TTTech-Technologie ausgestattet.

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Vorige Woche sorgte eine Mitteilung aus Kalifornien für Staunen: Der Fahrdienstanbieter Uber gab den Verkauf seiner Entwicklungseinheit für autonomes Fahren bekannt. Dabei handelt es sich um einen äußerst kapitalintensiven Bereich, der enorme Rückflüsse verspricht, wenn das computergesteuerte Fahren ohne Chauffeur in der Breite funktioniert. In diesem Feld ist die Wiener Softwareschmiede TTTech schon seit längerem aktiv – und sichert sich nun eine Millionenspritze von der Europäischen Investitionsbank (EIB).

Heute, Donnerstag, erfolgt die Unterschrift. Die EIB streckt 30 Millionen Euro vor – zu sehr günstigen Konditionen, wie beteuert wird.

Sicher und zuverlässig

TTTech will das Geld zur Optimierung des am Unternehmenssitz in Wien-Wieden entwickelten Betriebssystems namens Motionwise einsetzen. Auf dieser Softwareplattform landen alle fahrtrelevanten Daten, die von Sensoren in den hochvernetzten Autos von morgen aufgezeichnet werden. Von dort werden sie in Echtzeit möglichst sicher und verlässlich dorthin geleitet, wo sie hinmüssen.

Derzeit ist weltweit ein Weltlauf um das beste Betriebssystem für das Fahrzeug der Zukunft im Gang. Ob in Asien, Amerika oder Europa, überall arbeiten Autobauer mit Softwarespezialisten und Chipherstellern im Wissen zusammen, dass bereits beim teil- und erst recht beim vollautomatisierten Fahren eine Schwachstelle eine zu viel ist.

Georg Kopetz, CEO von TTTech, rechnet mit wenigen globalen Lösungen, die sich beim Betriebssystem für autonomes Fahren letztlich durchsetzen werden. Motionwise von TTTech soll dazugehören.
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"In diesen Softwareplattformen werden sich nur wenige globale Lösungen durchsetzen", zeigt sich der Chef von TTTech, Georg Kopetz, im Gespräch mit dem STANDARD überzeugt. "Deshalb ist es wichtig, dass wir Europäer eine Lösung bei der Hand haben, die mithalten kann." Im Cloud-Computing lägen die USA uneinholbar vorn; beim ebenso wichtigen Betriebssystem sei man auf Augenhöhe unterwegs.

Die 30 Millionen von der EIB seien eine wichtige Hilfe zur richtigen Zeit, sagt Kopetz. Als neutraler Anbieter wolle man mit Motionwise bis 2025 auf einen Marktanteil von 25 Prozent im Bereich Level 2+ / Level 3 kommen. Darunter ist assistiertes bis teilautonomes Fahren zu verstehen, wobei der Computer in gewissen Fahrsituationen den Menschen ersetzt. Vollautomatisiertes Fahren beginnt bei Level 4.

"Unterstützen Spitzentechnologie"

"Für uns, die Bank der EU, ist entscheidend, Spitzentechnologie in Europa zu unterstützen, das ist unser Kernauftrag", sagt EIB-Vizepräsident Thomas Östros. Der gewährte Kredit ist Teil der "Investitionsoffensive für Europa", die früher unter Juncker-Plan lief. Seit dem Start der Initiative sind von der EIB in Österreich insgesamt 33 Transaktionen mit einem Finanzierungsvolumen von zwei Milliarden Euro bereitgestellt worden. Damit wurden Gesamtinvestitionen von 6,7 Milliarden Euro angeschoben.

Thomas Östros ist Vizepräsident der Europäischen Investitionsbank EIB, die ihren Sitz in Luxemburg hat.
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Um die Mittel zu erhalten, habe man einen strengen Due-Diligence-Prozess durchlaufen müssen, sagt TTTech-Chef Kopetz, der die Zusammenarbeit mit verschiedenen Fahrzeugherstellern verstärken will. Mittelfristiges Ziel sei es, das Unternehmen an die Börse zu führen. Mögliches Datum: 2023, 2024.

Börsengang frühestens 2023

"Unser Ziel war es immer, dann an die Börse zu gehen, wenn wir ein nachhaltiges Geschäftsmodell aus Softwareprodukten statt Projekten haben", sagt Kopetz. Der TTTech-Chef rechnet heuer mit einem Umsatz von 190 bis 200 Millionen Euro in der Gruppe, wovon etwa die Hälfte auf das Tochterunternehmen TTTech Auto entfallen dürfte. In der Gruppe sind weltweit 2200 Mitarbeiter beschäftigt, bei TTTech Auto gut 1200. TTTech arbeitet engstens mit Audi und VW zusammen, hat aber auch Partnerschaften mit BMW, Hyundai und SAIC, dem größten chinesischen Autohersteller. Neben Audi, einem der frühesten Partner der aus einem Spin-off der Technischen Universität Wien hervorgegangenen TTTech haben auch Unternehmen wie Infineon, GE Ventures und Samsung Geld in die Softwareschmiede gesteckt. (Günther Strobl, 17.12.2020)