Mehr Updates für Android. Also zumindest theoretisch.

Foto: Proschofsky / STANDARD

Google garantiert bereits seit einiger Zeit drei große Versionssprünge für seine Pixel-Reihe, vor kurzem hat sich auch Samsung diesem Versprechen bei vielen seiner Geräte angeschlossen. Mehr gibt es aber derzeit im Android-Umfeld nirgendwo, und das ist ein durchaus beklagenswerter Zustand. Nun stellt Google zumindest eine graduelle Verbesserung in Aussicht.

Ein Jahr extra

Kommende Chips von Qualcomm sollen ein Jahr länger als bisher Support erhalten. Das kündigt Google in einem Eintrag im Android Developers Blog an. Möglich wird das durch eine Änderung der Regeln rund um das vor einigen Jahren eingeführt "Project Treble". Denn wie sich herausgestellt hat, hat dieses zwar die Update-Erstellung für die Smartphone-Hersteller erheblich erleichtert, im Gegenzug aber den Chipsatz-Herstellern mehr Last aufgebürdet.

Hintergrund

Im Rahmen von Treble wurden die eigentlichen Android-Open-Source-Bestandteile fein säuberlich von den proprietären und hardwarespezifischen Komponenten des jeweiligen Chipanbieters getrennt – die sogenannten Vendor-Bestandteile. Die Kommunikation zwischen beiden erfolgt dabei über fix definierte Schnittstellen. Zudem muss jede dieser Vendor-Implementationen Tests durchlaufen, damit sie mit einem generischen Android-Image von Google kompatibel ist.

Bisher war der Aufwand für Chipsatzanbieter beträchtlich.
Grafik: Google

Das hatte aber unbedachte Nebeneffekte: Jede Android-Generation unterstützt auch neue Hardwarefähigkeiten, etwa für zusätzliche Kamerafunktionen. Und deren Support ist für Geräte, die damit ausgeliefert werden, verpflichtend, für jene, die aktualisiert werden, aber nicht – eben um den Wartungsaufwand für OEMs zu minimieren. Aus Sicht der Chipsatz-Hersteller hieß dies nun aber, dass sie für Geräte, die mit Android 9 ausgeliefert werden, eine andere Vendor-Implementation warten mussten als für jene, die mit Android 10 an den Start gehen. In Summe konnte es so dazu kommen, dass Firmen wie Qualcomm nach drei Jahren bis zu sechs Kombinationen aus OS-Framework und Vendor-Implementation für einen Chip unterstützen mussten.

Dies löst man nun auf, indem die Regeln für Vendor-Bestandteile künftig nicht mehr für jede Android-Generation angepasst werden müssen. Das heißt, dass ein künftiger SoC, der mit Android 11 auf den Markt kommt, dieselbe Vendor-Implementation sowohl für neue Geräte als auch für Upgrades verwenden kann. Dazu kommt noch, dass künftig auch das darüberliegende Android-Framework für Qualcomm-Chips vereinheitlicht werden soll. Warum das bisher nicht der Fall war, geht aus dem Blog-Post allerdings nicht hervor. Trotzdem sollte dies den Arbeitsaufwand weiter reduzieren.

Das neue Modell soll eine deutliche Vereinfachung bringen – und somit auch längeren Support ermöglichen.
Grafik: Google

Was heißt das jetzt in der Praxis?

Das Ergebnis ist im Falle von Qualcomm nun ein Jahr längerer Support als bisher – zumindest theoretisch. Denn schlussendlich muss sich erst zeigen, was davon dann bei den Smartphone-Besitzern ankommt. Immerhin obliegt es den einzelnen Geräteherstellern, ob sie vom verlängerten Qualcomm-Support überhaupt Gebrauch machen. Bedeutet dies doch auch für sie ein Jahr zusätzlichen Wartungsaufwand. Und natürlich gilt all das erst für kommende Qualcomm-Chips, beginnend mit dem eben erst angekündigten Snapdragon 888. Generell soll dieser erweiterte Support-Zeitraum laut Qualcomm aber für alle eigenen Chips gelten – also auch für den Low- und Mid-Range-Bereich.

Dazu kommt, dass in dem Blogeintrag zwar von vier Jahren Updates die Rede ist – allerdings nur in Hinblick auf Sicherheitsaktualisierungen. In Bezug auf Android-Generationen wird zwar auch die Zahl vier genannt – allerdings inklusive der Version, mit der ein Gerät ausgeliefert wird. Das wären also dann erst recht wieder nur drei große Versionssprünge.

Es ist alles sehr kompliziert

Wer jetzt folgert, dass Qualcomm in Wirklichkeit nur wenig an seinem Support-Versprechen geändert hat, hätte trotzdem unrecht. Denn genau genommen wurden bislang nur zwei solcher Versionssprünge von dem Chiphersteller garantiert. Damit sind Samsung und Google also bei ihren Geräten schon bisher eine Version über diese Zusage hinausgegangen. Insofern bleibt zu hoffen, dass zumindest der Pixel-Hersteller dies nutzt, um künftig sehr wohl vier große Versionssprünge zu garantieren. Vorausgesetzt natürlich, Google verwendet kommendes Jahr überhaupt noch Qualcomm-Chips. War doch zuletzt zu hören, dass der Android-Hersteller auf einen SoC aus eigener Entwicklung wechseln will, womit man die Update-Zeiträume sowieso komplett unter eigene Kontrolle bringen könnte.

Grafik: Google

Am Rande sei angemerkt, dass die Ankündigung noch eine interessante Grafik zur Verbreitung einzelner Android-Generationen beinhaltet. Aus dieser lässt sich schließen, dass sich Android 10 erheblich schneller – und weiter – verbreitet hat als der Vorgänger Android 9. Das neue Android 11 scheint demnach noch einmal eine Spur flotter seinen Weg auf Android-Smartphones zu finden. Da Samsung mittlerweile mit den Updates für Galaxy S20 und Note 20 begonnen hat, sollte sich hier in den kommenden Wochen noch einmal eine deutlich Aufwärtsbewegung zeigen. Von Google selbst sollte man allerdings keine konkreten Zahlen erwarten, deren Veröffentlichung hat das Unternehmen schon länger eingestellt. So gibt es also nur mehr sporadisch solch vage Grafiken in verstreuten Blog-Postings. (Andreas Proschofsky, 17.12.2020)