Der Europäische Gerichtshof hat Ungarn am Donnerstag in einem Vertragsverletzungsverfahren erneut wegen seiner Asylpolitik verurteilt.

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Luxemburg – Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat Ungarn am Donnerstag in einem Vertragsverletzungsverfahren der EU-Kommission erneut wegen seiner Asylpolitik verurteilt. Insbesondere ging es um die Transitzonen, in denen die Asylwerber bis vor kurzem ausschließlich ihre Asylanträge stellen konnten. Ungarn hat aufgrund eines vorhergehenden EuGH-Urteils die Transitzonen an der serbisch-ungarischen Grenze bereits im Mai 2020 geschlossen.

Der EuGH weist in seinem Urteil zwar auf die bereits erfolgte Schließung hin, schreibt aber, dies habe "keine Auswirkungen auf die vorliegende Klage, da auf die Situation zu dem Zeitpunkt abzustellen ist, zu dem nach der mit Gründen versehenen Stellungnahme der Kommission die festgestellten Mängel hätten beseitigt worden sein müssen (8. Februar 2018)".

Vier Punkte

Der EuGH verurteilt Ungarn in vier Punkten. Erstens geht es um die Verpflichtung für Asylwerber, ihren Antrag ausschließlich in den Transitzonen stellen zu können – zumal die Anzahl der täglich möglichen Antragstellungen auch noch stark eingeschränkt wurde. Ein weiterer Punkt ist die Verpflichtung, sich während des Asylverfahrens ausschließlich in diesen Zonen aufzuhalten, worin der EuGH erneut die Kriterien einer Haft erfüllt sieht. Weiters wird die sofortige Abschiebung von illegal eingereisten Personen, ohne die Vorschriften der EU-Rückführungsrichtlinie einzuhalten, bemängelt. Der letzte Punkt ist die Kritik an der Missachtung des Rechts der Antragsteller, während des Berufungsverfahrens gegen einen abschlägigen Entscheid auf ungarischem Territorium zu bleiben.

Bereits im Mai hatte der Gerichtshof die Aufenthaltspflicht für Asylwerber in den beiden Transitzonen als Haft eingestuft. Anlass war damals der Fall von vier Antragstellern aus dem Iran und aus Afghanistan. Aufgrund dieses Urteils hatte Ungarn umgehend die beiden Transitzonen aufgelöst. Menschenrechtsorganisationen hatten seit Jahren die Lebensumstände in den Zonen und den mangelnden Rechtsschutz für die Asylwerber kritisiert. (APA, 17.12.2020)