Er galt von Anfang an als klarer Favorit, bei einer anonymen Testabstimmung im Esa-Rat, gleichsam der Aufsichtsrat der Europäischen Weltraumorganisation, erhielt er dann auch weit mehr als die erforderliche Zweidrittelmehrheit. Nun wurde der Tiroler Josef Aschbacher zum nächsten Generaldirektor der Esa ernannt und damit zum Nachfolger von Jan Wörner, dessen Amtszeit am 30. Juni 2021 endet. Den Esa-Generaldirektor stellten bisher vor allem die großen Mitgliedsstaaten wie Deutschland, Frankreich, Italien und Großbritannien, Österreich trägt dagegen nur rund ein Prozent zum Esa-Budget (6,7 Milliarden Euro im Jahr 2020) bei, weshalb Aschbachers Wahl als kleine Sensation gilt.

Der Rat der Europäischen Weltraumorganisation hat bei seinem Treffen in Paris den österreichischen Geophysiker Josef Aschbacher zum nächsten Esa-Generaldirektor gewählt.
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Als einziger Kandidat vorgeschlagen

Aschbacher hatte sich bei einem Hearing gegenüber seinen Mitbewerbern aus Spanien und Norwegen durchgesetzt und wurde von der aus Schweden kommenden Vorsitzenden des Esa-Rats, Anna Rathsman, als einziger Kandidat zur Abstimmung vorgeschlagen. Der 58-jährige Geophysiker ist derzeit Esa-Direktor für Erdbeobachtungsprogramme und Leiter von Esrin, dem Esa-Zentrum für Erdbeobachtung bei Rom. Aschbacher blickt überdies auf über drei Jahrzehnte Erfahrung mit der Arbeit in internationalen Organisationen zurück, neben der Esa auch bei der Europäischen Kommission, der österreichischen Agentur für Luft- und Raumfahrt sowie im Asian Institute of Technology.

Als Siebenjähriger hat Aschbacher am elterlichen Bergbauernhof in Ellmau nahe Kufstein auf einem flimmernden Fernseher die Mondlandung erlebt. Diese habe maßgeblich dazu beigetragen, dass er Meteorologie und Geophysik studierte, "womit man mit dem Weltraum arbeiten kann, dann zur Esa zu gehen und dort zu arbeiten – das war immer mein Traum", sagte er einmal der APA. Eigentlich hätte der am 7. Juli 1962 geborene Aschbacher als ältester Sohn unter sechs Kindern den elterlichen Hof übernehmen sollen. Doch der Bub war wissbegierig, Stipendium und Nebenjobs ermöglichten den Besuch des Gymnasiums und das Studium.

Gleich nach der Diss zur Esa

Gleich nach seiner Dissertation im Jahr 1989 heuerte Aschbacher bei der Esa an. Seine erste Station war das European Space Research Institute (Esrin) in Frascati bei Rom. Nach Aufenthalten in Asien, wo er am Asian Institute of Technology in Bangkok (Thailand) Erdbeobachtungsmethoden mit Radartechnologien und Bildverarbeitung lehrte und die Interessen der Esa in Südostasien vertrat, kehrte er 1994 nach Europa zurück. In seinen sieben Jahren am EU-Joint-Research-Centre in Ispra (Italien) entwickelte Aschbacher das nunmehr unter dem Namen "Copernicus" bekannte EU-Erdbeobachtungsprogramm mit. Ab 2001 folgte eine siebenjährige Tätigkeit am Esa-Hauptquartier in Paris.

Danach ging der Vater dreier Kinder erneut an das Esrin nach Italien, wo er für die Programmplanung und Koordination zuständig war. 2016 wurde er Direktor für Erdbeobachtung bei der Esa – der erste Österreicher, der einen Direktorenposten im zehn Mitglieder umfassenden Esa-Direktorium bekleidet. Mit dem Bereich Erdbeobachtung verwaltet der Autor von mehr als 100 wissenschaftlichen Publikationen das höchste Teilbudget der Raumfahrtagentur und ist für alle Esa-Erdbeobachtungsmissionen und damit in Verbindung stehenden Anwendungen zuständig.

Hintergrund: Die Esa

Die Europäische Weltraumorganisation wurde 1975 als zwischenstaatliche Organisation gegründet, deren Aufgabe darin besteht, europäische Raumfahrtkapazitäten zu entwickeln und sicherzustellen, dass die Investitionen in die Raumfahrt den Bürgern in Europa und weltweit zugutekommen. Die Esa hat 22 Mitgliedsstaaten: Österreich, Belgien, Tschechien, Dänemark, Estland, Finnland, Frankreich, Deutschland, Griechenland, Ungarn, Irland, Italien, Luxemburg, die Niederlande, Norwegen, Polen, Portugal, Rumänien, Spanien, Schweden, die Schweiz und das Vereinigte Königreich. Slowenien und Lettland sind assoziierte Mitglieder. (red, 17. 12. 2020)