Auf die Millionen Opfer des terroristischen Regimes Stalins scheint die Kommunistische Jugend "vergessen" zu haben.

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Die Adventkalender läuft auch auf Instagram.

Es wirkt wie eine anachronistische Beschreibung aus einem Stalin-Museum irgendwo in der Ex-Sowjetunion, ist aber in Wirklichkeit eine geplante Social-Media-Kampagne der Kommunistischen Jugend (KJÖ) Tirol und Oberösterreich. Im 18. Türchen ihres Adventkalenders haben sie am Freitag einen Kopf von Josef Stalin gepostet. Die Beschreibung des ehemaligen Diktators lässt aufhorchen: Im Zentrum des Postings stehen Stalins "Verdienste" im sowjetischen "Bürger- und Interventionskrieg" sowie als Parteifunktionär und oberster Befehlshaber der Roten Armee. Mit keinem Wort werden die Verbrechen des Stalinismus, geschweige denn die Millionen Opfer des sowjetischen Terrorregimes erwähnt.

Die beiden Jugendgruppen gehen noch einen Schritt weiter. Die Zeit unter Stalin spiele "eine besondere Rolle für die bürgerliche Ideologie", schreiben sie in einem Facebook-Post. Stalins Politik habe "unauslöschliche Errungenschaften" gebracht, die der großen Mehrheit des sowjetischen Volkes und darüber hinaus zugutegekommen seien.

Obwohl Stalin mit einem Foto im Mittelpunkt des Posts steht, betonen die Oberösterreichischen Jungkommunisten, dass weder die "Errungenschaften" noch die "Fehlentwicklungen und -entscheidungen" nur einer Person zuzuschreiben seien.

KPÖ geht auf Distanz

Auf Nachfrage bei der Kommunistischen Partei Oberösterreichs wird betont, dass die KJÖ bereits seit langem nicht mehr die Jugendorganisation der Partei auf Landesebene sei. Jetzt arbeite man mit der "Jungen Linken" zusammen. Ähnliches teilte die KPÖ Tirol auf Anfrage mit: Man habe sich bereits vor über sieben Jahren von der KJÖ getrennt – unter anderem aufgrund ihres Verhältnisses zu Stalin.

Auch seitens der Bundes-KPÖ wies man auf die Trennung der Partei von der KJÖ hin. Florian Birngruber, Bundeskoordinator der Kommunistischen Partei Österreichs, zu den Postings: "Die KPÖ hat sich unmissverständlich vom Stalinismus und autoritären Sozialismusvorstellungen distanziert. Mit der KJÖ gibt es seit vielen Jahren gerade deshalb auf Bundesebene, aber auch in Tirol oder Oberösterreich keine Zusammenarbeit mehr." Auch die im Landtag vertretene KPÖ Steiermark distanziert sich auf Nachfrage klar vom Stalinismus. Mit den Jugendorganisationen aus den beiden Bundesländern habe man nichts zu tun.

Kurz nach den ersten Anrufen des STANDARD in KPÖ-Kreisen war das Posting der Oberösterreichischen KJÖ auf Facebook nicht mehr aufrufbar. Jenes der Tiroler vorerst schon noch. Auch auf Instagram war das Posting noch zu finden. (Laurin Lorenz, 18.12.2020)